Ratsbeschluss zum Ankauf von Schloss Broich

Partie im Hof des Broicher Schlosses, 1938, Quelle: Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr

Von: Jens Roepstorff

„Schloss Broich und Priesterhof öffentliche Anlagen“ verkündete am 5. März 1938 in dicken Lettern die Mülheimer Zeitung. Tatsächlich erfolgte der offizielle Ratsherrenbeschluss zum Erwerb der Gebäude erst zwei Tage später. Beide Objekte befanden sich bis zu diesem Zeitpunkt in privater Hand: Schloss Broich war im Besitz der Stöckerschen Erben, der Priester(s)hof gehörte dem Kaufmann Hans Thyssen. Während die Stadt für die Kaufmannsvilla stolze 400.000 Reichsmark hinblättern musste, betrug der Kaufpreis für das mittelalterliche Schloss lediglich 150.000 Mark und beinhaltete die Übereignung von historischen Bildern und Möbeln sowie die Rechte am herrschaftlichen Archiv. 

Mit dem Erwerb der Gebäude waren große Pläne verbunden: Der Priesterhof sollte zu einem Heimatmuseum umgebaut, Schloss Broich grundlegend renoviert und die ursprüngliche Anlage weitgehend wiederhergestellt werden. Ein Modell für den Schlossumbau, das u.a. ein Verwaltungsgebäude sowie ein Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs vorsah, lag bereits vor. Durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden diese Pläne jedoch verschoben und auch nach 1945 von anderen, dringenderen Bauprojekten verdrängt. Erst Mitte der 1960er Jahre rückte mit den Grabungen auf Schloss Broich die bauliche Pflege der historischen Anlage wieder ins allgemeine Bewusstsein. 

Nach dem Tod von Wilhelm Wirich von Daun-Falkenstein im Jahr 1682 war die Herrschaft Broich durch Heirat an die Grafen von Leiningen gefallen. Schloss Broich hatte seine Funktion als herrschaftliche Residenz verloren und diente nur noch als Amtssitz für die gräflichen Rentmeister. Eine bauliche Pflege war für die fernen Besitzer von geringem Interesse. Erst unter Marie Luise Albertine, Landgräfin von Hessen-Darmstadt, rückte dieser Wohnsitz wieder stärker in den Mittelpunkt der Herrscherfamilie. Mit dem Einmarsch der Franzosen Anfang des 19. Jahrhunderts kam es zur Auflösung der Herrschaft Broich und 1808 zur Gründung der Munizipalität Mülheim. 1815 fiel Mülheim an den preußischen Staat, der die alten Rechte der Herrn von Broich zum Teil restaurierte. Als der Broicher Landesherr Prinz Georg von Hessen-Darmstadt 1830 starb, wurde das Schloss Teil der Nachlassmasse. Im Jahr 1857 erwarb der Mülheimer Kaufmann Eduard Stöcker, ein Schwiegersohn des letzten Schlossverwalters Johann Bilger, die Anlage für 335.000 Taler bei einer öffentlichen Versteigerung des fürstlichen Nachlasses. Er ließ die bestehenden Gebäude renovieren und fügte für sich selbst als Wohnsitz einen neuen Bau hinzu – die sogenannte „Stöckersche Villa“. 

Die folgenden Jahrzehnte hindurch war der Erhaltungszustand des Schlosses konstant gut. Vor allem das Palasgebäude wurde von Eduard Stöcker und seinen Erben als Wohnraum an Privatpersonen vermietet und dementsprechend gepflegt. Mülheimer Honoratiorenfamilien hatten über Generationen hinweg dort ihren Wohnsitz und bezahlten notwendige Reparaturen teilweise aus eigener Tasche. Schloss Broich galt als eine vornehme Adresse, die man zu schätzen wusste. Mit dem Erwerb des Besitzes durch die Stadt Mülheim am 7. März 1938 fand diese Nutzung ihr Ende. Nach dem Auszug der letzten Mieter diente Schloss Broich während und nach dem Kriege obdachlosen Familien noch vorübergehend als Notunterkunft, bevor es schließlich grundlegend renoviert und einer ausschließlich öffentlichen Nutzung zugeführt wurde.

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