Die letzten Milchhändler in Holthausen

Milchmänner am städtischen Milchhandel in der Körnerstarße, Quelle: Stadtarchiv Mülheim
Milchmänner am städtischen Milchhandel in der Körnerstarße, Quelle: Stadtarchiv Mülheim

von Beate Ernsthaus

Milch ist ein eher leichtverderbliches Lebensmittel, welches in vielfältiger Form angeboten wird. Kühlschränke und besondere Konservierungsverfahren ermöglichen es heute, das diese Produkte längerfristig aufbewahrt werden können. In früherer Zeit deckten sich die Haushalte längstens für zwei Tage ein, in der Regel auf einem der umliegenden Bauerhöfe, wo so mancher Landwirt noch nebenbei einen Milchhandel betrieb. Nicht jeder hatte aber einen Landwirt mit Milchhandel in der Nähe und so war es für etliche ein beschwerlicher Weg.

Milchlieferung per Pferd

Einige Bauern begannen die Haushalte per Pferdefuhrwerk zu versorgen. Das war zeitaufwendig und dazu waren der Kutscher, evtl. noch eine zweite Person, Pferd und Fuhrwerk dann auf dem Hof nicht verfügbar.

Mit der Zeit ging die Verteilung der Milch dadurch in andere Hände über. Einfach war die Arbeit als Milchmann nicht. Jeden Tag mußte frische Milch auf einem der Höfe gekauft werden um die Tanks auf den Fuhrwerken zu füllen. Es war mühsam die Milch zu verteilen. Erst musste man die Milch mit der Meßkanne aus den Tanks abschöpfen, um sie dann in Maßeinheiten zu 1 l  oder ½ l abzufüllen. Damit ging es dann von Tür zu Tür, wo die Milch in gewünschter Menge in die Haushaltsgefäße der Kunden umgefüllt wurde.

Vom Milchhändler zum „Tante Emma Laden“

In den fünfziger Jahren bezogen die Milchmänner dann von der Mülheimer Milchversorgung, später Einkaufsgenossenschaft des Mülheimer Milchhandels,  an der Körnerstraße, ihre Produkte. Sie boten nun neben der Milch auch Sahne, Joghurt, Butter und Eier an. Viele Milchhändler eröffneten zu dieser Zeit auch einen sog. „Butter-Eier-Käse“ Laden, später auch als „Tante Emma Laden“ bezeichnet. Die Lagerung der empfindlichen Lebensmittel erfolgte in einem Kühlraum oder Kühlhaus. Jeden Morgen wurden große Eisblöcke geliefert, die für die benötigte Kühlung sorgten.  Solch ein Geschäft betrieben auch Otto Bösebeck  an der Witthausstraße und Luise Wittram auf der Zeppelinstraße, beide waren zudem in ihren Revieren noch als Milchmann unterwegs. Otto Bösebeck anfangs noch mit dem Fuhrwerk, gezogen vom Pferd Hans. Luise Wittram wurde hier durch die Familienmitglieder, Elfriede Hamacher und Heiner Beckmann, unterstützt. Während Otto Bösebeck zwischen Lohbecker Berg und Leonhard-Stinnes-Straße die Haushalte versorgte, waren Elfriede Hamacher und Heiner Beckmann zwischen Semmelweißstraße, Mendener Straße und Tilsiterstraße tätig.

Im Laufe der Zeit, vergrößerte sich auch die Angebotspalette. Wurst, Backwaren, Obst, Gemüse und andere Lebensmittel kamen hinzu. Einen richtigen Feierabend gab es in keinem der beiden Betriebe. Kunden, die nach Geschäftsschluß noch an die Haustüre klopften, wurden nicht abgewiesen. Nach dem Tod von Otto Bösebeck übernahm die Familie Werntgen den Laden an der Witthausstrße. Wann genau Luise Wittram ihr Geschäft an der Zeppelinstraße geschlossen hat, ist leider unbekannt.

Die letzte Milchhändler-Familie

Ihre Tochter Marlies aber, war mit ihrem Mann, Heinz Lersch, ab 1966 weiter als Milchmann vor Ort. Sie belieferten nicht nur die Haushalte, sondern auch die Schulen im Stadtteil mit Milch und Kakao. An den Altenheimen waren sie gern gesehene Gäste, brachten sie doch ein wenig Abwechslung in den Alltag. Im Jahr 2002 war dann aber auch für Marlies und Heinz Lersch Schluß. Die letzte Milchfrau und ihr Mann in Menden, Holthausen und Raadt gingen in Rente.

Otto Bösebeck auf Milchtour, Foto: Beate Ernsthaus
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