von: Thomas Emons
Der vom Düsseldorfer Bildhauer Josef Rübsam geschaffene Bronzemann in Ketten, der an einen KZ-Häftling erinnern soll, ist in den letzten fünf Jahrzehnten zu einem Symbol für die Erinnerung an die Opfer des NS-Terrors geworden. In der Regel sind es heute nur eine Handvoll interessierter Bürger, die sich am 20. Juli oder an anderen Gedenktagen dort versammeln.
Als das Mahnmal, dessen Errichtung der Stadtrat bereits 1952 beschlossen hatte, am 21. Juli 1956 vom damaligen Oberbürgermeister Heinrich Thöne und Landesinnenminister Hubert Biernat enthüllt wird, sind mehr als 500 Bürger ins Luisental gekommen. Vertreter diverser Mülheimer Organisationen legen Kränze nieder. Das vom späteren Musikschulleiter Orlando Zucca geleitete Mülheimer Kammerorchester intoniert den Bach-Choral: „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“, und Mülheimer Chöre singen das Lied „Denk ich an Deutschland.“
Obwohl die Erinnerung an das NS-Regime im westdeutschen Wirtschaftswunder der 1950er Jahre auch gerne verdrängt wird, sind die Gräuel der Nazis den Menschen elf Jahre nach Kriegsende noch sehr viel gegenwärtiger als heute. Wenn Oberbürgermeister Thöne (Jahrgang 1890) und Innenminister Biernat (Jahrgang 1907) vom NS-Terror und seinen Opfern sprechen, wissen sie, wovon sie reden. Beide Sozialdemokraten waren schon vor 1933 politisch aktiv und haben die Verfolgung durch die Nazis am eigenen Leibe erfahren.
Unter der Schlagzeile „Mann in Ketten – Mahner für alle“ geht die 65 Minuten lange Rede Biernats allen zu Herzen.“ Der Innenminister gedenkt in seiner Ansprache nicht nur des „entsetzlichen Schicksals, das zwölf Jahre hindurch über die Menschen hereinbrach, die es wagten dem Nationalsozialismus und seinen Ideen entgegenzutreten“, sondern weist auch darauf hin, dass viele NS-Opfer oder ihre Hinterbliebenen in materieller Not leben müssten, während sich der Staat im Glanz des Wirtschaftswunders sonne. Der Minister, der bezweifelt, dass die Demokratie bereits in den Herzen der Menschen verankert sei, verspricht, sich mit allen Mitteln dafür einzusetzen, „dass die Wiedergutmachung nicht länger im Verwaltungsgestrüpp“ stagniere.