Von: H.D. Strunck
Kirmes mitten in den Trümmern
Manche Bilder der Kindheit bleiben für immer lebendig. Als Sinnbild einer Kirmes habe ich stets das Riesenrad vor Augen, das Pfingsten 1951 auf dem von Bomben zerstörten Kirchenhügel stand. Rundherum alles in Trümmern und mittendrin das pulsierende Leben. Es war meine erste Kirmes.
Dieses Volksfest hat eine lange und große Tradition in unserer Heimatstadt. Bis in die Jahre 1896/97 wurde die ,,Peiskirmes” jährlich zwischen dem ,,Alten” und dem ,,Neuen Markt”, dem jetzigen Rathausmarkt, abgehalten. Danach wurde sie von den Stadtverordneten wegen des ,,starken Verkehrs m der Innenstadt” verboten. Dabei stand diese Kirmes immer am Beginn des Mülheimer Kirmesjahres.
Kirmes in jedem Stadtteil
Ihr folgten nahezu im Monatswechsel die Stadtteile. Zunächst Mellinghofen, Anfang Juni dann Styrum. Im Juli war Saarn an der Reihe gefolgt von Holthausen. Die Broicher Kirmes Anfang August war damals vermutlich die größte in der Stadt. Am 3. Augustsonntag feierte Eppinghofen seine Kirmes beim Wirt Schonnebeck. Das Großereignis Speldorfer Kirmes wurde am ersten Septembersonntag eröffnet und Heißen und Dümpten beschlossen das Kirmesjahr Ende September.
Drei Tage Kirmes
Die jeweils drei Kirmes-Festtage waren fester Bestandteil im Leben der ,,Eingeborenen”, für die sie gerne Urlaub nahmen. Kamen doch auch die Verwandten von nah und fern wieder einmal zusammen und feierten das Wiedersehen. Das ,,Zu-Gäste laden” war ebenso fester Bestandteil jeder Kirmes. Dabei war es Tradition, dass es zum Beispiel in Saarn immer ,,Dicke Bohnen mit Speck” gab, während sich die ,,Speleropsche“ (Speldorfer) auf die, Pruumentaate” (Pflaumenkuchen) freuten.
Montags war Klumpenball
Wie mir der Saarner F. Wilhelm von Gehlen schilderte, gab es in früheren Jahren immer eine gewisse Rivalität zwischen den Saarnern und den Speldorfern ihrer Kirmes wegen: Wo gibt es die größeren Fahrgeschäfte? Wo ist mehr los? Die Saarner Kirmes wurde bis 1934 auf dem Klostermarkt ausgerichtet und danach bis 1960, weil es dann die B1 gab, als Straßenkirmes in das Dorf verlagert. Seit 1961 findet die Kirmes auf dem heutigen Platz an der Mintarder Straße statt. Jeweils montags wird ein Klumpenball ausgerichtet, bei dem die Tanzpaare en Kloumpe” verschiedene Tänze zu absolvieren haben.
Speldorfer Kirmes in Saarn?
Die Speldorfer Kirmes wurde auf einem Areal zwischen der Duisburger Straße und der Weseler Straße jeweils am ersten Wochenende im September ausgerichtet. Als dann die Kirmesflache an der Mintarder Straße hergerichtet war, hat die Stadt versucht, auch die Speldorfer Kirmes nach Saarn zu verlagern. Dort wurde sie allerdings von den Speldorfern nicht besucht und von den Saarnern nicht angenommen. Speldorfer Kirmes in Saarn? Das ging gar nicht!
Erhalten geblieben ist uns die Saarner Kirmes, die immer noch im Juli stattfindet. Manchmal habe ich den Eindruck, dass diese traditionelle Veranstaltung nicht mehr den Zuspruch wie in früheren Jahren hat. Schade eigentlich, aber die Zeiten ändern sich und andere Freizeitaktivitäten sind starker gefragt. Dabei war doch die Raupe immer so spannend – insbesondere wenn das Verdeck zuging.
Erinnern Sie sich?