/

Alte Begräbnisstätten in Mülheim

Alter Friedhof, Quelle: H. D. Strunck

Autor: H. D. Strunck

Aus alter Zeit kennen wir Grabhügel und Steingräber als Begräbnisform, die dann durch die Urnenbestattung abgelöst wurde. Urnengräber aus früher Zeit wurden auch in Mülheim gefunden. Mit der Christianisierung verschwand diese Art der Beisetzung bei uns. In Anlehnung an den christlichen Glauben der körperlichen Wiederauferstehung befahl Karl der Große die Körperbestattung in geweihter Erde und verbot im Jahre 785 im Edikt von Paderborn unter Androhung der Todesstrafe die Feuerbestattung als heidnischen Brauch.

Die Begräbnisstätten lagen damals unmittelbar an den Kirchen, daher sprach man von „Kirchhöfen“. Diese waren im Allgemeinen für die „normale“ Bevölkerung gedacht, während Adelige und Kirchenleute in Klöstern, Schlössern oder Kirchen beigesetzt wurden.

Die uns heute bekannten kommunalen Friedhöfe in den einzelnen Stadtteilen Mülheims  sind zumeist Ergebnis der Trennung der Stadtgemeinde in die Landbürgermeistereien Broich,  Heißen und Styrum von 1878, auf die wir an dieser Stelle nicht näher eingehen. 

Der Kirchhof an der Petrikirche

Versuchen wir hier eine chronologische Übersicht der ehemaligen Kirchhöfe in unserer Stadt.

Natürlich wissen alte Mülheimer, dass es um die Petri-Kirche herum in früheren Jahrhunderten einen Kirchhof gab. Dabei sind sich die Historiker uneins darüber, seit wann es diese Begräbnisstätte gab.

Eine Mehrheit geht aber davon aus, dass seit mehr als 1000 Jahren auf dem heutigen Kirchenhügel eine Kirche stand, zu der auch ein Kirchhof gehörte, auf  dem 800 Jahre lang die Verstorbenen der Gemeinde und später der gesamten Unterherrschaft Broich beigesetzt wurden.  Erst 1812 wurde ein Friedhof außerhalb der – damaligen – Stadt an der Straße nach Kettwig eröffnet. 

Der Saarner Klosterfriedhof

Am Saarner Kloster erinnert noch das Grabmal der letzten Äbtissin, Frederike Agatha von Heinsberg, die 1822 starb, an den zwischen 1216 und 1221 durch den Kölner Erzbischof Engelbert geweihten Kirchhof. Soweit bekannt, wurden hier nur Ordensfrauen oder dem Kloster nahestehende Adelige beigesetzt.

Der dem lutherischen Glauben anhängende Graf Wilhelm-Wirich, oft im Streit mit den „Reformierten“ an der Petrikirche, ließ ab 1672 den wenigen Mülheimern seiner Glaubensrichtung ein kleines Kirchlein an der heutigen Delle erbauen. Der Bau zog sich hin, aber einen Kirchhof ließ man schon 1675 anlegen, der vermutlich bis 1879 bestanden hat. In diesem Jahr wurde die alte Kirche abgerissen und mit dem Bau der Paulikirche begonnen. 

Die Saarner konnten bei Ruhrhochwasser oder Eisgang ihre Toten oft nicht rechtzeitig bei der Petrikirche beerdigen. Ihnen wurde daher 1685 eine Kapelle genehmigt, in der nur Leichenpredigten gehalten werden durften. 1751 wurde dieser Kapelle ein Kirchhof zugeordnet, so dass die Saarner ihre Toten auch zur rechten Zeit beerdigen konnten. Diese Begräbnisstelle an dem die (Dorf-)Kirche umgebenden Bereich, bestand bis 1835. Ein neuer Friedhof entstand dann an der Kahlenbergstraße (heute Spielplatz), bis auch er aus Platzmangel 1903 durch den Aubergfriedhof ersetzt wurde.

Die katholischen Bewohner konnten ab 1852 ihre Toten auf dem Begräbnisplatz an der Landsberger Straße beerdigen. Dieser Friedhof ist noch heute im Besitz der dortigen Gemeinde.

Die jüdischen Begräbnisstätten

Jüdische Friedhöfe lagen in der Regel weit vor der Stadt. Wo sich ein solcher auf Mülheimer Gebiet befand, ist unklar. Während der frühere Rabbiner Otto Kaiser berichtete, dass es einen jüdischen Friedhof in der Nähe der Wetzmühle in Holthausen gegeben haben soll,  lesen wir bei Fritz Krieger von einem Begräbnisplatz von 15 Ruten auf einem Gelände des Sommerhofes (Nähe Dickswall).

Belegt ist aber, dass der noch bestehende Jüdische Friedhof an der Gracht – damals auch weit vor der Stadt – um 1730 eröffnet wurde.

Wurden die wenigen katholischen Bewohner der Broicher  Unterherrschaft  von evangelischen Geistlichen auf dem Friedhof an der Petrikirche oder auf dem lutherischen Friedhof beigesetzt, änderte sich dies im Jahre 1786. Ein Jahr zuvor war die erste Marienkirche mit zugeordnetem Kirchhof geweiht worden. Dieser Begräbnisplatz bestand bis 1812 als der Neue Friedhof an der Kettwiger Straße eröffnet wurde.

Mit zunehmender Industrialisierung stieg die Zahl katholischer Einwohner stark an. So wurde 1863 ein Katholischer Friedhof an der St. Josef-Kirche in Unter-Styrum (heute Oberhausen) eingeweiht.

Ein weitgehend unbekannter Friedhof soll zwischen Schloss Styrum und dem Neickmannshof bestanden haben. Dort wurden einzelne Gräber noch bis zum Ersten Weltkrieg gepflegt.

Der älteste Mülheimer Friedhof

Der älteste Friedhof im heutigen Stadtgebiet jedoch befand sich in Mintard, das früher nicht zu Mülheim beziehungsweise der Herrschaft Broich gehörte. Hier gab es seit Mitte des 9. Jahrhun-derts eine Kirche mit Begräbnisstätte. Zur dortigen Pfarre zählten auch die Bewohner aus Breitscheid, Laupendahl und bis 1927 Selbeck.  Dieser Kirchhof hatte bis etwa 1790 Bestand. Als einer der letzten Toten wurde 1788 vermutlich Pfarrer Bourbach hier beigesetzt, dessen Grabstein am Oktogon (Bau mit achteckigem Grundriss) noch vorhanden ist. Der neue Mintarder Friedhof befindet sich einige Meter weiter westlich.

Wenn heute viele Menschen aus verschiedenen Gründen wieder zur Urnenbestattung zurückkehren, brauchen sie zwar die Strafe Karls des Großen nicht zu fürchten, aber sterben müssen sie trotzdem.           

Quellen u.a. 
„Fritz Krieger: 100 Jahre Friedhöfe in Mülheimer Vororten“
Hans Weber: Bestattungsstätten Mülheim in Geschichte und Gegenwart 

Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner