Großes Kino in Mülheim: Der Löwenhof

Briefkopf des Löwenhof-Kinos (1946)
Briefkopf des Löwenhof-Kinos (1946)

von: Jens Roepstorff

Die Straße Am Löwenhof, im Herzen von Eppinghofen gelegen, ist heute den meisten Mülheimern ein Begriff. Den jüngeren unter ihnen wird jedoch das ehemalige Kino, das bei der Namensgebung Pate stand, nicht viel sagen. Dabei ist die Geschichte der Löwenhof-Lichtspiele durchaus bedeutend und reicht zurück bis in die 1920er Jahre.

Ursprünglich eine Gaststätte mit gelegentlichen Filmvorführungen, lag der alte Löwenhof – vor 1921 als Unser Fritz bzw. Tonhalle bekannt – auch schon in der Eppinghofer Straße, jedoch an anderer Stelle und auf der gleichen Seite wie der heutige Hauptbahnhof. Mit dem Wechsel des Pächters wurde der Veranstaltungssaal der Gaststätte ab 1921 immer weiter für die Präsentation von Filmen optimiert und schließlich 1927 mit rund 600 Sitzplätzen als zweitgrößtes Kino – nach der Schauburg – neu eröffnet. Betreiber der Löwenhof-Lichtspiele war Max Uhle, ein Pionier des Kinogewerbes. Das Kino als neue Form der Unterhaltung begeisterte die Massen; das Aufkommen des Tonfilms tat ein Übriges. Der Zweite Weltkrieg setzte dem „Goldrausch“ der Kinobetreiber jedoch schließlich ein Ende. Der Bombenangriff vom 22./23. Juni 1943 zerstörte sämtliche Kinos in der Mülheimer Innenstadt, darunter auch den Löwenhof.

Noch im gleichen Jahr machte sich Max Uhle daran, sein Kino an anderer Stelle – ebenfalls in der Eppinghofer Straße – wieder aufzubauen. Am 14. November 1946 war es soweit: Der Saalneubau der Löwenhof-Lichtspiele mit seinen rund 900 Plätzen, trotz Materialnot fertiggestellt, konnte eingeweiht werden. Die erste Veranstaltung war jedoch nicht – wie man vermuten könnte – eine Filmvorführung, sondern ein Konzert der Essener Philharmoniker unter ihrem Dirigenten Gustav König, die im Rahmen der städtischen Sinfoniekonzerte in Mülheim gastierten. Die Stadthalle war durch den Krieg zerstört, andere Veranstaltungssäle ebenfalls. So begann das Mülheimer Kulturleben nach 1945 im Kinosaal des Löwenhofs. Wenige Tage nach der Eröffnung war dann das Düsseldorfer Schauspielhaus zu Gast und präsentierte unter der Intendanz von Gustav Gründgens das Stück „Zwei Herren aus Verona“ von William Shakespeare. In den nächsten Jahren gastierten hier weitere bekannte deutsche Theaterpersönlichkeiten wie Heinz Rühmann, Marianne Hoppe, Elisabeth Flickenschild, Martin Benrath oder Erich Ponto.

Bis zum Wiederaufbau und der Inbetriebnahme der Stadthalle 1957 diente der Löwenhof – später auch der Altenhof – als Ersatz, fanden städtische Konzerte und Theateraufführungen hier vorübergehend Asyl. In eine Marmorplatte im Eingangsbereich hatte Max Uhle voller Stolz einmeißeln lassen: „1943 – 1946. Dieses Haus wurde in schwerer Zeit unter schwersten Bedingungen in Selbsthilfe-Freizeit aufgebaut“. Ein NRZ-Redakteur spekulierte unmittelbar nach der Eröffnung darüber, das Kino dauerhaft umzunutzen, „denn mit Lichtspielhäusern ist Mülheim zur Zeit besser versorgt als manche Nachbarstadt, während ein Konzertsaal fehlt […] Zudem sind hier auch die Voraussetzungen zum Anbau einer Bühne gegeben, so dass wohl nicht zu Unrecht die Frage diskutiert wird […] die wirtschaftlichen Interessen des Besitzers mit den kulturellen Belangen der Öffentlichkeit auf einen Nenner zu bringen und das neue Haus also nicht zu einem Kino, sondern zu einem Konzerthaus zu machen.

Der Löwenhof profitierte als Filmtheater von der allgemeinen Kinobegeisterung in den 1950er Jahren, stagnierte jedoch in den 1960er Jahren und erlebte seinen Niedergang – wie so viele andere Kinos auch – in den 1970er Jahren. 1972 gab Max Uhle auf und verkaufte den Löwenhof. Doch auch der neue Betreiber konnte an die „goldenen“ alten Zeiten nicht anknüpfen. Ende der 1970er Jahre wurde der Betrieb eingestellt. Da das Gebäude der Neuplanung der Innenstadt im Weg stand, wurde es 1980 abgerissen. Seitdem erinnert nur noch der zeitgleich mit dem Abriss vergebene Straßenname an diesen einstigen Leuchtturm der Mülheimer Kinowelt.

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