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Überfall auf Pfarrer Pithan

Pfarrer Pithan, Quelle: Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr

Von: Kai Rawe

Im April des Jahres 1797 erschütterte ein Verbrechen das damals noch beschauliche Mülheim. „Eine Räuberbande 50 bis 60 Mann stark, setzte verflossene Nacht unseren ganzen Ort in Unruhe.“ Mit diesen Worten begann die „Mülheimer Zeitung der Neuesten Begebenheiten“ vom 21. April 1797 ihren Bericht über eines der spektakulärsten Verbrechen der Mülheimer Stadtgeschichte.

In der Nacht vom 20. auf den 21. April hatte besagte Räuberbande das Pfarrhaus der reformierten Gemeinde in der Teinerstrasse und den darin wohnenden Pfarrer Pithan überfallen und ausgeraubt. Die „verwegenen Diebe“ waren nach Mitternacht mit Gewalt eingedrungen und hatten schnell sämtliche Bewohner des Hauses überwältigt und gefesselt. Mit Empörung beschreibt die Mülheimer Zeitung das Vorgehen der Eindringlinge: „Diese ruchlosen Räuber drangen mit Gewalt ein, schlugen diesen verdienstvollen Prediger (Pfarrer Pithan) mit einer Pistole auf sein ehrwürdiges Haupt, beängstigten seine Familie und wollten so ungestört ihre Raubsucht befriedigen.“ Und tatsächlich dauerte es eine ganze Weile, ehe die Mülheimer überhaupt etwas von diesem Raubüberfall bemerkten, da das Pfarrhaus etwas von der Straße abgelegen war. Auch hatten die Räuber den Mülheimer Nachtwächter in ihre Gewalt gebracht und vor ihrem Überfall die Kirchturmtür vernagelt, damit niemand die Sturmglocke läuten könnte. Wieso dies schließlich doch geschah, geht aus den überlieferten Berichten nicht eindeutig hervor. Als die Sturmglocke jedoch endlich erklang, eilten zahlreiche Bürgerinnen und Bürger herbei und es gelang ihnen, die Bande in die Flucht zu schlagen. Da diese nun unvermutet früh entdeckt worden waren, mussten sie den überwiegenden Teil ihrer Beute zurücklassen. Der materielle Schaden hielt sich also glücklicherweise in überschaubaren Grenzen. Auch Pfarrer Pithan und seine Hausgenossen – einschließlich des Nachtwächters – waren im Großen und Ganzen mit dem Schrecken davongekommen und hatten keine ernsten Blessuren davongetragen. 

Gleichwohl hatte dieser spektakuläre Überfall Konsequenzen. Zunächst einmal erschienen an den auf den Überfall folgenden Tagen in der Zeitung einige Rechtfertigungen, warum die braven Mülheimer nun wirklich nicht eher hatten helfen können. Offenbar plagte sie doch ein wenig das schlechte Gewissen. 

Doch auch die Obrigkeit reagierte auf diesen Vorfall. Um vor solchen Überfällen zukünftig geschützt zu sein, ordnete die Polizeibehörde an, die Nachtwachen auch in den umliegenden Honnschaften zu verstärken. Außerdem wurde die Bevölkerung verpflichtet, sich wenn möglich zu bewaffnen, auf nächtliche Schüsse hin Lärm zu schlagen und „dem Bedrängten zu Hülfe zu eilen“. Darüber hinaus wurde der vor Jahren auf der Lipperheide umgestürzte Galgen wieder errichtet, um Gesindel und Räuberbanden deutlich zu zeigen, dass in der Herrschaft Broich gegen solche verbrecherischen Umtriebe hart durchgegriffen werden würde. 

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