Von: Melanie Rimpel
Die rasante Entwicklung der Stadt und die ständig steigenden Bevölkerungszahlen führten zu hygienischen Verhältnissen, die bereits um 1883 in erste Planungsüberlegungen zum Bau einer öffentlichen „Landbadeanstalt“ für die Stadt Mülheim mündeten. Der Bedarf an öffentlichen Badeanstalten wurde seit etwa 1867 nur recht dürftig durch einige Flussbadeanstalten sowie ein Wannen- und Brausebad gedeckt. Es fehlte jedoch ein Bad, das zu jeder Jahreszeit genutzt werden konnte und bequem zu erreichen war. Allerdings wurde schnell deutlich, dass eine entsprechende Badeanstalt mit Schwimmbädern zunächst weder von einem privaten Unternehmer noch von Seiten der Stadt zu verwirklichen war.
Erst die großzügige Spende der Mülheimer Industriellen August und Josef Thyssen, die der Stadt im Jahr 1906 350.000 Aktien des Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitätswerkes mit der Auflage stifteten, dieses Kapital zum Bau einer Badeanstalt zu verwenden, gab den Anlass für weitere Planungen. Mit einem damaligen Wert von rund einer halben Million Goldmark bildeten die Aktien das notwendige Grundkapital, so dass die Stadtverordnetenversammlung am 28. Mai 1906 den Baubeschluss zur Errichtung einer öffentlichen städtischen Badeanstalt verabschiedete. Dennoch brauchte es drei weitere Jahre, um das gesamte Kapital durch eine städtische Stiftung von
50 000 Mark „zur silbernen Hochzeit des Kaiserpaares“ sowie Überschüsse der Sparkasse bereitzustellen. Am 30.12.1909 wurde der Entwurf des Beigeordneten und Leiters des städtischen Hochbauamtes Karl Helbing in der Stadtverordnetenversammlung genehmigt und zur Ausführung beschlossen. Dies allerdings erst, nachdem der Entwurf alle Kommissionen und die Prüfung des Vereins Deutscher Badefachmänner durchlaufen hatte.
Der Standort
Nach anfänglichen Planungen für den Kauf eines Grundstücks unterhalb der Eisenbahnbrücke, dem Besitz der Mülheimer Gerberfamilie Hammann an der Fährstraße, fiel die Entscheidung letztendlich auf ein Grundstück an der Ruhrquerung im Mittelpunkt des Stadtgebietes.
Zu den 914 m² städtischen Grunds am Mülheimer Ruhrufer kaufte die Stadt zu einem Gesamtpreis von 157.000 Mark die Grundstücke der Witwe Leimann und des Wirts Schäffer an. Durch den Ankauf stand Mitte des Jahres 1910 dem Baubeginn auf dem 3.391 m² großen Grundstück nichts mehr im Wege. Im Juli 1910 wurde mit dem Bau des ersten Mülheimer Hallenbades am Ruhrufer neben der im Bau befindlichen neuen Schlossbrücke begonnen.
Städtebauliche Planung
Mit seinem Entwurf für das Stadtbad gelang Helbing gleich in zweifacher Hinsicht ein Meisterstück.
In Zusammenarbeit mit dem bauleitenden Architekten Nocke und dem Heizungsingenieur Klaus entstand mit dieser ersten städtischen Badeanstalt in Mülheim eine Musteranlage, die ihresgleichen suchte. Vor allem jedoch legte Helbing mit dem Stadtbad den Grundstein für eine neue städtebauliche Epoche in Mülheim.
Mit dem Ensemble des Stadtbades und der Schlossbrücke wurde nun erstmals eine repräsentative „Eingangssituation zum Zentrum der Stadt“ geschaffen. An der Querung der Ruhr gelang es Helbing durch das Zusammenspiel der Bauten, diesen bedeutendsten städtebaulichen Bereich und gleichzeitig die Ruhr und ihre Ufer zu inszenieren. Nach dem Vorbild antiker Uferpaläste fasste Helbing mit den hoch über dem Ufer liegenden Pfeilerarkaden über einem Untergeschoss aus Ruhrsandstein die seeartig erweiterte Ruhr ein. Die Arkaden dienten ihm zudem als Vermittlung von der Treppe hinunter zum Ufer der Ruhr zu dem im Bereich des risalitartigen zweigeschossigen Eckgebäudes mit Mansarddach liegenden Zugang zur neuen Brücke. Den zweigeschossigen langgezogenen Mitteltrakt unterbrach er durch einen dreigeschossigen Hauptbau mit sechsteiliger Pilastergliederung aus Haustein-Muschelkalk, der als einziger Bereich gestalterisch hervorgehoben war. Fünf Kinderfiguren nach dem Entwurf Professor Ulfert Janssens, Stuttgart, schmückten diesen Fassadenteil.
Das von Helbing geplante Ensemble der neuen Ruhruferbebauung erreichte aber erst nach Errichtung der Stadthalle 1926 am gegenüberliegenden Ruhrufer seine vollendete Wirkung. Spannungsvoll standen sich die Bauten – verbunden durch die steinerne Brücke – an den Ufern der Ruhr gegenüber. So hob sich die Stadthalle durch ihre Großform und ihre ausgeprägte Gestaltung als kultureller Mittelpunkt des Ensembles gegen den Baukörper des Stadtbades ab, der in seiner Gestaltung vielteilig ausgebildet, in seinen Einzelformen jedoch zurückhaltender war.
Konzeption und Nutzungsstruktur
Als Brückenkopf der neuen Schlossbrücke und mit direktem Zugang zu den Ruhranlagen, direkt am Zentrum Mülheims, befand sich das Stadtbad in exponierter Lage. Die Anbindung an den Verkehr durch die neue Straßenbahnverbindung über die Schlossbrücke ermöglichte eine ideale Erreichbarkeit und damit höchste Rentabilität.
Die höchstmögliche Ausnutzung des Grundstücks führte zu einer Kombination von Nutzungen: entlang der Kettenbrückstraße (heute Leineweberstraße) war das Grundstück für die großen Badehallen zu schmal, so dass zur Straße hin Restaurationsräume und Läden angelegt wurden.
Das eigentliche Stadtbad schloss sich dann entlang des Ruhrufers an.
Im Haupttrakt, der sich auch architektonisch durch seine Dreigeschossigkeit abhob, lag auf Brückenniveau vom Arkadengang aus die Eingangshalle. Die eigentlichen Badehallen befanden sich im zweigeschossigen Mitteltrakt.
Der Badbereich
Die von dem Arkadengang erschlossene Eingangshalle des Stadtbades vermittelte zu den einzelnen Bereichen des Bades: Schwimmhallen, Wannen- und Brausebadbereichen, irisch-römischem Bad, Dampfbad, Licht- und Luftbad sowie orthopädischem Turnsaal.
Von der Vorhalle mit der Kasse und den Fächern zur Wäscheaufbewahrung aus waren sämtliche Bäder separat zu erreichen. Hinter der Kasse, in dem quer zum Ruhrufer liegenden Gebäudeteil, lag die große Schwimmhalle für Männer. Umlaufend um das 21,22 m x 9,60 m große Becken lagen die Barfußgänge, zwischen den Säulen angeordnete Umkleidekabinen bildeten die Trennung zur Erschließung. Die Wassertiefe fiel von 0,80 m zum 1 m- und 3 m-Sprungbrett hin auf 3 m ab. An der Decke der Halle installierte Helbing hier – wie auch in der Frauenschwimmhalle – Schwimmlehrvorrichtungen. Die dienenden Bereiche mit 72 Umkleiden, Duschen sowie Toiletten plante er über zwei Etagen, auf Eingangsniveau und den umlaufenden Emporen. Auf der vorderen Empore hatten Zuschauer für 10 Pfennig Zutritt.
Eine einzigartige Wirkung erreichte Helbing trotz konsequenter Einfachheit durch das hohe, auf Betonpfeilern ruhende Gewölbe mit über 12,5 m Spannweite und einer Wandbeleuchtung. Auch farblich waren die Räume schlicht gehalten. In der großen Halle wirkte neben einfachen grünen Wandplatten mit Friesen vor allem die grünliche Farbe des Wassers, die durch den mit Glasplatten belegten Boden des Beckens entstand.
Einzig dieser Trakt mit Halle und Männerschwimmhalle nutzte die gesamte Tiefe des Grundstücks.
Zur Rechten der Halle, parallel zum Arkadengang, lag die kleine Schwimmhalle für Frauen. Das ebenso wie in der Herrenschwimmhalle in Eisenbeton ausgeführte Becken hatte allerdings nur eine Größe von 17 m x 7,50 m. Die Wassertiefe fiel von 0,60 m zum 1m-Sprungbrett hin auf 3 m ab. Auf den zwei Etagen der Halle lagen 28 Umkleidekabinen, Fußwaschbecken, Duschen und Bidets in Zellen sowie Toiletten.
Obwohl den Mülheimern die Trennung von Männern und Frauen nicht passte, wurde sie lange Zeit strikt eingehalten.
Im linken Flügel lag im Keller- und Erdgeschoss die Bäderabteilung. Für die optimale Ausnutzung und Belichtung war sie um einen Lichthof angeordnet. Um diesen herum lagen 27 Wannenbäder 1. und 2. Klasse, die sowohl als Wasserbäder zur Reinigung als auch als Heilbäder mit Zusätzen verwendet wurden. Zwei der Wannen dienten als Medizinalbäder. Im Keller lagen 13 Brausen für Männer und 9 für Frauen sowie die dazugehörige Kesselanlage.
Im ersten Obergeschoss lag neben dem Verwaltungszimmer des Badinspektors ein eleganter Ruheraum mit 12 Einzelzellen. Um den Lichthof gruppierten sich hier elektrische Bäder sowie Heiß- und Warmluftbäder, russische Dampfbäder mit verschiedenen Brausen, Massageräume und das 20m² große Licht- und Luftbad.
Das gesamte 2. Obergeschoss nahm das Medico-Mechanische Institut mit Behandlungsräumen und Turnsaal ein. Freiflächen, der Stadtbadhof und das niedrigere Kesselhaus ermöglichten die ideale Belichtung aller Bereiche.
Der Restaurant- und Ladenbereich
Das Eckgebäude bildete mit dem später entstandenen Brückenhaus der gegenüberliegenden Straßenseite den Brückenkopf auf der Altstadtseite. Der zurückspringende Balkon betonte diese besondere Lage, der Arkadengang vermittelte zwischen Schlossstraße, den angrenzenden Läden und dem Restaurant.
Von der Schlossstraße aus gelangte man vom Arkadengang über einen Windfang in das Gebäude. Eine breite, weiße Marmortreppe, mit Teppichen belegt, führte den Besucher zum Café in der ersten Etage. Die hellen, in gelb gehaltenen Räumlichkeiten des Cafés boten Platz für etwa 160 Personen. „Schmuckstück“ des Restaurants war das über dem Eichenholzbuffet von dem Münchener Maler Roloff ausgeführte Wandgemälde der Mülheimer Kettenbrücke. Die über dem Wandelgang liegende Terrasse des Cafés ermöglichte die Bewirtung weiterer 80 bis 100 Personen. Von hier bot sich den Besuchern der Blick sowohl in die Ruhranlagen als auch über die Schlossbrücke auf das Broicher Ruhrufer. Darüber, im zweiten Obergeschoss, lagen Wohnräume für den Wirt und das Personal. Weitere Restaurationen befanden sich sowohl im Erdgeschoss als auch im Kellergeschoss. Auf Brückenniveau gelangte man von der Wandelhalle aus in die Weinstube, einen großen behaglichen und einen kleinen elegant eingerichteten Raum, in denen etwa 50 bis 60 Personen Platz fanden. Vorne, an der Straße, lagen Ladenlokale. Auf Niveau des Ruhrufers, also im Kellergeschoss, lag direkt von den Ruhranlagen aus zugänglich ein Bierrestaurant für etwa 80 Personen mit angrenzender Kegelbahn und Weinkeller.
Einweihung
Mit einem Raumprogramm von zwei Schwimmhallen, 27 Wannenbädern, 22 Brausebädern, je einem römisch-irischen Bad, Dampfbad, elektrischem Licht- und Vierzellenbad, Licht- und Luftbad sowie einem orthopädischen Turnsaal und den Wohnungen für das Maschinenpersonal, betrugen die Baukosten für das Stadtbad letztendlich rund eine Million Goldmark inklusive Restaurant und Inventar.
Am 1. August 1912 markierte die Eröffnung des Stadtbades nach zweijähriger Bauzeit einen Meilenstein in der Entwicklung der Stadt Mülheim.
Mit großen Festlichkeiten und bedeutenden Gästen wurde dieser Tag begangen, Regierungspräsident Dr. Kruse war eigens aus Düsseldorf angereist. Ein großes Feuerwerk auf der Schleuseninsel, am „Stockfisch“ in Broich und auf dem Bismarckturm, veranstaltet von den Drogisten Bachem und Feldmann, bildete den Abschluss der Eröffnung. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Bereits im ersten Monat besuchten 15.277 Personen das neue Stadtbad der Stadt Mülheim an der Ruhr.
Bis in das Jahr 1924 blieb das Stadtbad das einzige öffentliche Bad neben dem Solbad Raffelberg. Die Investition in die Ausstattung des Stadtbades machte sich bezahlt, so blieb die Erstausstattung bis zum Jahr 1938 erhalten. Erst Mitte 1938 wurde das Bad nach mehreren Instandsetzungsmaßnahmen für eine technische Grundüberholung geschlossen. Im Zuge dieser Schließung wurde die Zahl der Brausen auf 32 erhöht und das Medico-Mechanische Institut zu Personalwohnungen umgebaut.
Kriegszerstörungen 1943
Der Zweite Weltkrieg ging nicht spurlos am Stadtbad vorüber; bei Angriffen 1943 wurde es mehrfach getroffen. Nach einem Bombenangriff im Januar 1943 wurde die große Halle wegen kleinerer Beschädigungen bis Anfang Februar geschlossen. Die kleine Halle blieb bei diesem Angriff verschont. Im April 1943 kehrte sich das Blatt. Das Dach der Frauenschwimmhalle wurde bei einem Bombenangriff komplett zerstört, so dass die Halle geschlossen werden musste. Die große Halle wurde zwar von Brandbomben getroffen, diese konnten aber schnell gelöscht werden, so dass sich die Schäden in Grenzen hielten. Nach diesem Angriff wurde der Betrieb der Heilbäder bis auf Weiteres eingestellt. Der Angriff 1943 hatte nicht nur das Bad schwer getroffen, auch das gegenüberliegende Brückenhaus fiel den Bomben zum Opfer. Dem Einmarsch der Alliierten im April 1945 folgte die Beschlagnahmung durch die Engländer. Das Stadtbad war im den folgenden Jahren für die Mülheimer Bürger gesperrt. Erst im Januar 1947 wurden Teile für die Öffentlichkeit freigegeben, so auch die Bäderabteilung. Die komplette Freigabe ließ noch bis Mai 1949 auf sich warten. Der Badebetrieb war jedoch wegen der Kohlenknappheit durch häufige Ausfälle beeinträchtigt.
Die Stadtbücherei im Stadtbad 1926/1948
Bereits 1926 waren die Räume der Geschäfte im Parterre des Stadtbades von der Stadtbücherei übernommen worden. Umbaupläne für diese neue Nutzung existieren aber erst aus dem Jahr 1948. Der Bereich der Brückenschenke blieb bis zu ihrer Schließung wegen des Umbaus 1959 erhalten. Danach wurde auch sie der Stadtbücherei zugeschlagen und in eine Freihandbücherei für Jugendliche umgebaut.
Der Wiederaufbau 1950
1950 wurde zunächst mit der Instandsetzung des Bades begonnen. Der Wiederaufbau der zerstörten Gebäudeteile erfolgte in erheblich veränderter Form. Der vielteilig gegliederte Baukörper verlor durch Symmetrisierung und Vereinfachungen seine ursprüngliche Differenziertheit.
Das schwer beschädigte Eckgebäude und der zerstörte Längstrakt der Frauenhalle wurden im Zuge des Wiederaufbaus dreigeschossig mit Walmdach ausgebildet. Die ursprünglich aus Muschelkalk bestehenden Pfeilerarkaden sowie die neuen Fassaden des Längstraktes wurden nun verputzt. Beim Wiederaufbau des Eckgebäudes fielen die zurückspringenden Balkone im ersten Obergeschoss zur Schlossstraße hin komplett weg. Ebenfalls erhielten das Eckgebäude und der Längsbau, beide nun dreigeschossig, eine einheitliche Fensterrasterung. Die neue Lochfassade differenzierte nicht mehr die verschiedenen Nutzungen. Die neue Frauenschwimmhalle erhielt auf Emporenhöhe die gleiche Fensterform wie die Stadtbücherei, die nun das gesamte Eckgebäude nutzte. Mit der Einweihung der Frauenhalle Ende 1951 war nach der Wiedereröffnung der Heilbäderabteilung Anfang 1950 nun wieder das gesamte Bad nutzbar.
Der Umbau 1958
Nach dem Wiederaufbau Anfang der 1950er Jahre wurde schnell deutlich, dass das Bad nicht den modernen Ansprüchen entsprach. Bereits 1955 beriet man über die Alternative, entweder das Bad abzureißen und auf dem gleichen Grundstück neu zu errichten, oder es komplett zu modernisieren.
Nach Abwägung der Kosten zeigte sich schnell, dass ein Abriss und anschließender Neubau nicht in Frage kamen. Der Beschluss zur Generalinstandsetzung mit gleichzeitiger Erweiterung der großen Halle wurde allerdings erst 1958 vom Rat verabschiedet. Für die in mehreren Abschnitten geplante Maßnahme wurden etwa 3,6 Mio. DM und eine Gesamtbauzeit von 2 bis 3 Jahren angesetzt. Begonnen wurde Anfang August 1959 unter der Federführung des Kölner Ingenieurbüros Gondrom und Renz zunächst mit dem Neubau der kleinen Halle und der Stilllegung des Brause- und Wannenbades. Im Zuge der anstehenden Umbauten wurden die Räumlichkeiten der Brückenschenke für die Bauleitung bereitgestellt; die Schenke wurde auch nach dem Umbau nicht wiedereröffnet.
Nach zweijähriger Bauzeit wurde im Mai 1961 zunächst die kleine Halle, im Juli die Bäderabteilung und Ende des Jahres, im Dezember, die Heilbäderabteilung wiedereröffnet.
Parallel begann im Mai 1961 der letzte Abschnitt der Maßnahmen, die Bauarbeiten an der Großen Halle. So meldete im Juni die Westdeutsche Allgemeine Zeitung: „Weggebrochen wird seit gestern Vormittag die zur Ruhrstraße gelegene Wand der großen Schwimmhalle des Stadtbades. Die Halle wird zur Straße hin um einige Meter verlängert.“
Mit deren Einweihung im Februar 1963 war dann auch der Umbau mit einem letztendlichen Kostenaufwand von 4,4 Mio. DM abgeschlossen.
Das „neue“ Stadtbad 1963
Mit diesen Umbaumaßnahmen waren die große Schwimmhalle und die technische Zentrale mit ihren automatischen Steuerungen komplett erneuert worden. Beide Hallen waren modernisiert, der gesamte Bäderbereich war ein kompletter Neubau. Das Bad erfüllte nun einerseits die „modernen“ hygienischen Anforderungen, andererseits waren die technischen Anlagen nun auf dem neusten Stand.
Die Umbauten betrafen jedoch nicht nur das Innere des Bades, auch das Äußere erschien nun in neuer, moderner Gestalt. In der Vorhalle mit Kasse gaben Glastüren den Blick auf die Schwimmhallen frei, deren geschlechtliche Trennung aufgehoben war. Die Bäderabteilung erstreckte sich weiterhin im Erd- und Untergeschoss zur Linken, war nun aber direkt vom Eingangsbereich aus zugänglich. Die Heilbäder im 1. Obergeschoss sowie die dort liegenden Personal- und Verwaltungsräume waren ebenfalls direkt über eine Treppe und den neuen Aufzug von der Eingangshalle her erschlossen. Vollständig neu zeigte sich das Bad zur Ruhrstraße hin. Die große Halle war abgebrochen und um 6,50 m vergrößert neu aufgebaut, ihre Fassade verklinkert und mit dem neuen Schriftzug ‘Stadtbad’ versehen worden. Auch das anliegende Kesselhaus war komplett neu aufgebaut.
Veränderungen
Durch die Beseitigung des früheren Licht- und Luftbades war für den neuen Bäderbereich Raum hinzugewonnen worden. Die Anzahl der auf das Keller- und Erdgeschoss verteilten Brausen und Wannen wurde erhöht. In der kleinen Halle, jetzt Schwimmhalle 2, blieben die Maße des Beckens erhalten. Vor allem der nördliche Umgang am Becken wurde vergrößert und ein Sammelumkleideraum ergänzt. Der Raum erhielt durch die neue Decke und weitere Fenster, die zur Ruhr hin gebrochen wurden, ein neues Erscheinungsbild.
Die größten Veränderungen erfolgten in der früheren Männerschwimmhalle, die im Zuge der Maßnahmen komplett abgebrochen und neu gebaut wurde, so dass sich Inneres und Äußeres gleichermaßen in modernem Bild zeigte. Trotz der größeren Abmessungen der neuen Halle 1 wurde das Becken verkleinert. Durch die Neuorganisation der inneren Erschließung wurde Platz für eine Vergrößerung des Brausenbereichs und den neuen Umkleidebereich geschaffen.
Bei den Umbauten verzichtete man darauf, die neuen Becken in sportgerechter Größe auszubilden. Der Ende 1961 begonnene Bau des Südbades als Sportbad sollte diesen Bedarf abdecken. Allerdings bot die neue Halle bei Veranstaltungen Platz für bis zu 400 Zuschauer auf beiden Etagen.
Die Besucherzahlen des Stadtbades waren trotz des 1965 fertiggestellten Südbades im Vergleich zur der Zeit vor dem Umbau um 70 Prozent gestiegen. Dennoch veränderte sich die Nutzungsstruktur des Bades in den folgenden Jahren sowohl die Bäder als auch die Schwimmhallen betreffend.
Der Bereich der Reinigungsbäder wurde bereits 1967 erneut umstrukturiert. Aufgrund der neuen Verfügbarkeit von Bädern in den Wohnungen sanken die Nutzerzahlen um 11 bis 13 Prozent. Im Gegensatz dazu stiegen die Besucherzahlen des Heilbäderbereichs. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, schlug man das Reinigungsbad dem Heilbadbereich zu.
Auch bei den Schwimmbädern musste auf neue Anforderungen reagiert werden. Daher wurde 1968 die Wassertemperatur auf 27 bis 28 °C erhöht, was sowohl Bewegungsbädern entsprach als auch Familien mit kleinen Kindern entgegenkam. 1975 wurde der Bereich der Reinigungsbäder vollständig aufgegeben und in ein Saunazentrum mit verschiedensten Duschen, Ruhe- und Massageanlagen sowie Solarium umgebaut.
1985 investierte die Stadt noch einmal 50.000 DM zur „Attraktivitätssteigerung“ der Bäder; zur gleichen Zeit wuchs der Zulauf der Bäder generell. Bereits 10 Jahre später hatte sich das Blatt gewendet, zeigte eine Studie, dass vor allem der Bereich der Wannen- und Heilbäder erheblich subventioniert wurde. So empfahl diese Studie zum einen die Schließung dieses Bereichs wie auch die stufenweise Schließung der beiden Schwimmhallen und eine komplette Umnutzung des Gebäudes.
Zwischen 1996 und 1997 begann mit dem Umbau des alten Sauna- und Heilbadbereiches zu einem Rehabilitations- und Operationszentrum die erste Stufe der Umnutzung.
Doch auch diese Entwicklung konnte die vollständige Schließung des Stadtbades nicht aufhalten. Trotz Protests der Mülheimer Bürger wurde das Stadtbad vollständig geschlossen.
Sondernutzungen im Stadtbad und Nutzungen nach der Schließung
Um 1970 übernahm das Kunstmuseum die Räumlichkeiten der Stadtbücherei, nachdem diese in den Neubau an der Ruhrstraße umgezogen war.
Anfang der 1990er Jahre zog das Kunstmuseum in die „Alte Post“, die Räumlichkeiten wurden daraufhin bis zum Jahr 2007 durch das Kino Rio und im Obergeschoss bis 2004 durch den Kulturbetrieb genutzt. Der eigentliche Badbereich wurde nur zeitweise für kleinere Veranstaltungen wie Kunstausstellungen genutzt. Auch das Ärztezentrum im nördlichen Bereich bestand bis zum vollständigen Leerzug des Gebäudes weiter.
Mit dem Stadtentwicklungsprojekt „Ruhrbania“ wurde das Stadtbad erneut zum zentralen Element einer Entwicklung: Mit dem Verkauf und der Umnutzung für Wohnungen war es der erste Baustein der neuen Ruhrpromenade.
(Aus: Zeugen der Stadtgeschichte – Baudenkmäler und historische Orte in Mülheim an der Ruhr. Hrsg. vom Geschichtsverein Mülheim an der Ruhr e.V., Klartext Verlag, Essen 2008)