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Das Tersteegenhaus – Museum, Denkmal und Sanierungsobjekt

Historische Postkartenansicht des Tersteegenhauses, um 1900 (Quelle: Stadtarchiv)
Historische Postkartenansicht des Tersteegenhauses, um 1900 (Quelle: Stadtarchiv)

von: Stefan Pätzold

Auf dem idyllischen Kirchenhügel steht in der Teinerstraße das heute sogenannte Tersteegenhaus. Als eines von nur sehr wenigen Gebäuden der Mülheimer Altstadt ist es der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg weitgehend entgangen. Benannt wurde es nach seinem berühmtesten Bewohner, dem Laienprediger, Seelsorger, Schriftsteller und Liederdichter Gerhard Tersteegen. Er war am 25. November 1697 in Moers geboren worden und lebte seit 1713 in Mülheim an der Ruhr. Im Jahr 1745 erwarb er das Haus, bezog es ein Jahr später und verstarb dort am 3. April 1769. Tersteegen war als evangelischer Prediger und Pietist in seiner Zeit weithin bekannt. Literarische Werke, wie etwa das „Geistliche Blumengärtlein inniger Seelen“, oder der Choral „Ich bete an die Macht der Liebe“ stammen ebenso aus seiner Feder wie die berühmten „Blutbriefe“.

Das Heimatmuseum

In der Teinerstraße 1 richtete man seit 1950 peu à peu ein Heimatmuseum ein. Im Jahr 2002 wurde die Ausstellung renoviert und umgestaltet. Man präsentierte dort Bücher, Bilder, Möbel, Hausrat und Kleidung sowie zahlreiche andere Exponate aus der Zeit vom 17. bis in das 19. Jahrhundert, die Aspekte der Mülheimer Ortsgeschichte und insbesondere die mölmsche Wohnkultur illustrierten. Einen Eindruck von der kleinteiligen Raumstruktur und den Exponaten bietet eine Beschreibung Hans Fischers aus dem Jahr 2003: „Rechts im Erdgeschoss führt eine Tür in einen Raum, wo bürgerliches und bäuerliches Wohnen in verschiedenen Beispielen anschaulich wird. Zum gleichen Zweck stehen noch zwei Räume im Obergeschoss zur Verfügung. […] Das Modell eines Ruhraaks ist dort zu bewundern […]. Ein kostbares Stück ist ein restaurierter Teller der Berliner Porzellanmanufaktur mit einer Darstellung der Schollschen Fähre […]. Ganz wichtig sind im oberen Stock zwei Räume, die Erinnerungen an konfessionelles Leben enthalten. Im Vordergrund steht Tersteegen mit alten und neuen Ausgaben seiner Werke“ (Hans Fischer, Das Tersteegenhaus – ein historisches Herzstück der Stadt, in: Mülheim an der Ruhr. Jahrbuch 58 (2003), S. 39- 44, hier S. 41).

Bauliche Schäden und Sanierung

Bis 2017 zeigte man die kulturgeschichtliche Sammlung der Stadt Mülheim an der Ruhr im „Heimatmuseum Tersteegenhaus“. Dann wurden in dem Haus, das seit 1984 unter Denkmalschutz steht, Hausschwamm sowie Baumängel aus der Nachkriegszeit entdeckt. Das Museum musste geschlossen werden. Die Schadenssanierung begann 2020. Kurz zuvor, im Jahr 2019, hatte eine bauhistorische Untersuchung ergeben, dass das bergische Fachwerkhaus auf dem Kirchenhügel bereits 1530 errichtet worden und damit erheblich älter war, als man bis dahin angenommen hatte. Diesen Umstand galt und gilt es bei den Sanierungsmaßnahmen und der Ausstellungskonzeption zu berücksichtigen.

In der ersten Bauphase, die 2023 abgeschlossen wurde, beseitigte man den Hausschwammbefall im Gebälk, das man grundlegend rekonstruierte und für die Ausmauerung der Gefache ertüchtigte. Darüber hinaus wurden Giebel und Dachstuhl erneuert. Im Juli 2022 feierte man das Richtfest. Dem Innenausbau und der Installation moderner Gebäudetechnik dient die zweite Bauphase. Eine zentrale Maßnahme ist dabei die Rekonstruktion der Fenster und Türen. In der dritten Bauphase soll schließlich ein funktionaler Anbau für die Schaffung der notwendigen Verkehrsflächen und Toiletten sowie die Unterbringung der Technik, von Kasse und Information sowie von Multifunktions- und Lagerräumen errichtet werden.

Neues Museumskonzept

Ein im Jahr 2020 von der Firma Zeitkontext aus Aachen vorgelegtes und im folgenden Jahr vom Kulturausschuss der Stadt Mülheim an der Ruhr gebilligtes Grobkonzept skizzierte die Grundzüge der neuen Museumskonzeption auf zwei Etagen mit rund 137 m² Ausstellungsfläche. Im Unterschied zum Heimatmuseum sollen – nicht zuletzt wegen der neuen bauhistorischen Erkenntnisse – künftig fünf Themen im Vordergrund der musealen Präsentation stehen:

  • Die Bau- und Nutzungsgeschichte des Hauses von der Errichtung 1530 bis 2017
  • Die Geschichte des Kirchenhügels als wesentliche Keimzelle und religiöses Zentrum von Mülheim
  • Leben und Werk Gerhard Tersteegens als Ausdruck einer spezifischen Frömmigkeit seiner Zeit
  • Leben und Werk des auf dem Kirchenhügel geborenen Arztes und Schriftstellers Carl Arnold Kortum (1746-1824)
  • Weitere Mülheimer Persönlichkeiten und Mülheimer Familien (u.a. Stinnes)

Das Museum im Tersteegenhaus wird auch in Zukunft als Ausstellungsort zur Mülheimer Geschichte ein wesentlicher Bestandteil des Dezentralen Historischen Museums der Stadt sein. Stärker als bisher und vermittelt durch moderne mediale Impulse der Präsentation sollen Familien mit Kindern und Schulklassen angesprochen werden. Dadurch könnte das bisher schon bei Mülheimerinnen und Mülheimern sehr beliebte Tersteegenhaus noch besser in der Stadtgesellschaft verankert und darüber hinaus auch in näheren Region bekannter werden. 

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