Von: Thomas Emons
Sicher. Wir haben heute Internet, Radio und Fernsehen. Doch wie beginnt ein guter Tag? Natürlich mit einem guten Frühstück. Und zu einem guten Frühstück gehört die Zeitungslektüre. Ihre erste Zeitung können die Mülheimer am 3. Januar 1797 lesen. Was sie da auf vier eng bedruckten und bilderlosen Din A-5-Seiten lesen, hat nichts mit Mülheim, sondern nur mit hoher Politik, Diplomatie und Schlachtenlärm zu tun. Lokalberichterstattung? Fehlanzeige.
Der Verleger des Blattes, der Buchdrucker Gerhardt Wilhelm Blech, will mit seinem Blatt, wie er schreibt, „dem aufmerksamen Weltenbürger die Begebenheiten unserer tatenreichen Zeit verkündigen“. Das tut er mit Hilfe von Korrespondentenbriefen zweimal pro Woche. Der Mann ist flexibel und wechselt schon nach einer Ausgabe den Titel seiner Zeitung. Aus der „Mülheimer Zeitung von Kriegs- und Staatsgeschäften“ wird in der zweiten Ausgabe vom 6. Januar 1797 die „Mülheimer Zeitung der neuesten Begebenheiten“.
Mülheim ist in Sachen Zeitung spät dran. Das Erscheinen der ersten deutschen Zeitung liegt bereits gut 190 Jahre zurück. Andererseits liegt Mülheim damals im Trend der Zeit. Aufklärung ist angesagt. Das Lesefieber grassiert, wenn bisher auch nur ein Viertel der Deutschen lesekundig ist. Aller Anfang ist schwer. Dafür sorgt auch die Landesherrschaft in Darmstadt.
Die hat Blechs „untertänigsten Antrag“ auf Herausgabe einer Zeitung bereits im September 1796 „gnädigst bewilligt“. Gnade? Ja, Gnade. Denn trotz Aufklärung ist damals immer noch Absolutismus und Herrscherrecht von Gottes Gnaden angesagt. Mit der Pressefreiheit ist es damals noch nicht so weit her. Und so fällt Zeitungsverleger Blech schon wenige Jahre später bei der Landesherrschaft in Ungnade und bekommt seine Zeitungslizenz wieder entzogen. Ursache: unbekannt, aber wahrscheinlich politisch bedingt. Erst 1873 gibt es wieder eine von Julius Wacker begründete und später vom Verleger Ernst Marks herausgegebene „Mülheimer Zeitung“.
Doch das ist eine andere Geschichte.