100 Jahre städtische Berufsfeuerwehr: Die Geschichte des Brandschutzes in Mülheim

Die Mülheimer Turner-Feuerwehr im Jahr 1899 (Quelle: Stadtarchiv)

von: Burkhard Klein

Gründung der Berufsfeuerwehr

Am 1. April 2024 feiert die Mülheimer Berufsfeuerwehr ihr 100. Gründungsjubiläum. Sie gehört damit in der Gruppe der alten, bis zum Ende des 2. Weltkriegs gegründeten Berufsfeuerwehren trotz ihrer 100 Jahre noch zu den jüngeren. Aus bescheidenen Anfängen mit einem Leiter und 17 Feuerwehrmännern, einer Motorspritze und einem Krankenwagen hat sie sich seitdem zu einer professionellen, schlagkräftigen Wehr entwickelt, der heute 278 Männer und vier Frauen angehören.

Von der Bau- und Feuerordnung über das Feuer-Polizei-Reglement zur Freiwilligen Feuerwehr

Schon vor der Gründung der Berufsfeuerwehr gab es Regelungen zur Brandschutzversorgung in unserer Stadt. Als ältestes Dokument lässt sich die altbergische Bau- und Feuerverordnung aus dem Jahr 1555 finden. Mit einigen Zusätzen und Veränderungen hatten die Regelungen bis zum Beginn der napoleonischen Zeit im Jahr 1806 Bestand. Bemerkenswert hieran war, dass in allen Abschnitten fast ausschließlich von „jedem“ gesprochen wird. So heißt es immer wieder: Jeder ist verantwortlich, jeder ist zuständig, und jeder muss helfen.

Erst mit der Verabschiedung des Feuer-Polizei-Reglements für die Stadt Mülheim im Jahr 1852 ergab sich eine erste Professionalisierung des Brandschutzes. Neben vielen neuen Vorschriften kam es, ergänzend zu den bisher bekannten Regelungen, auch zur Bildung eines 142 Mann starken, freiwilligen Löschcorps. Die Einrichtung dieses Corps wurde im städtischen Jahresbericht allerdings schon 1856 als gescheitert beschrieben. Zur Unterstützung wurde ihm daher eine besoldete Stammmannschaft zur Seite gestellt. Aber auch dies wurde im Bericht als nicht genügend betrachtet. Eine Verbesserung gab es erst mit der Gründung einer Turnerfeuerwehr 1865 und drei Jahre später zusätzlich der Freiwilligen Bürgerfeuerwehr. Beide Wehren schlossen sich schließlich 1887 zur Städtischen Freiwilligen Feuerwehr zusammen.

Daneben gab es allerdings auch in den noch selbständigen Gemeinden der Landbürgermeistereien freiwillige Wehren. Die erste wurde 1879 in Saarn gegründet. Es folgten Broich 1883, Speldorf 1893, Styrum 1894, Dümpten 1897 und Heißen 1898. Zusätzlich gab es auch in den erst später eingemeindeten Gemeinden Selbeck (seit 1912) und Mintard (seit 1924) eine Freiwillige Feuerwehr. Mit Ausnahme von Mintard, das erst 1975 zu Mülheim kam, wurden die angesprochen Wehren jeweils mit der Eingemeindung als eigene Kompanie in die Freiwillige Feuerwehr Mülheim integriert.

Drittes Reich und 2. Weltkrieg

Von 1924 an stellten die neu gegründete Berufsfeuerwehr und die Freiwillige Feuerwehr gemeinsam den Brandschutz in Mülheim sicher. Keine neun Jahre nach der Gründung begannen 1933 die düstersten Jahre der Wehr. Am 9. November 1938 wurde die Feuerwehr selbst zum Täter, als ihr damaliger Leiter in der Reichspogromnacht die Synagoge in Brand setzte. Nicht viel später sorgten die Luftangriffe während des Kriegs für extreme und belastende Einsätze sowohl in Mülheim als auch außerhalb bis nach Aachen, ins Münsterland oder auch nach Kassel. Beim schlimmsten Angriff auf Mülheim am 23. Juni 1943 wurden alleine 575 Menschen getötet und weite Teile der Stadt durch Brände zerstört. Auch die Feuerwache an der Aktienstraße und ein Teil der Feuerwehrfahrzeuge wurden bei dem Angriff zerstört.

Neuaufbau nach dem Krieg

Mit dem Ende des verbrecherischen Regimes begann im April 1945 der Neuaufbau der Feuerwehr. Eine fehlende oder defekte Ausrüstung war einer der Gründe für eine mangelnde Motivation der Mannschaft, so dass die Freiwillige Feuerwehr 1946 aufgelöst worden ist. Bei der Berufsfeuerwehr wurden in den ersten Jahren nach dem Krieg zunächst die Feuerwache wieder provisorisch hergerichtet und defekte Fahrzeuge instandgesetzt. Zusätzlich bereitete auch Personalnot – 13 Feuerwehrmänner wurden im Rahmen der Entnazifizierung entlassen – große Probleme. Ab den 1950er Jahren ging es in der Wirtschaftswunderzeit aber wieder aufwärts. Mit dem Bezug der neuen Feuerwache, die zum Zeitpunkt der Errichtung zu den modernsten im Land gehörte, wurde 1961 das von Anfang an bestehende Provisorium beendet.

Modernisierung und Neubau von zwei Feuerwachen

In den Jahren von 1970 bis 1990 wurde insbesondere die Fahrzeugtechnik an die geänderten Einsatzanforderungen im Brandschutz und Rettungsdienst angepasst. In dieser Zeit erfolgte auch eine Erweiterung der Feuerwache, um sowohl dem deutlich gewachsenen Personalbestand, als auch der Anzahl der nun vorhandenen Feuerwehrfahrzeuge gerecht zu werden.

Aber bereits in den 1990er Jahren zeigte sich immer mehr, dass die Feuerwache trotz der Erweiterungen den Anforderungen in keiner Weise mehr genügte. Auch konnten mit dem einzigen Standort an der Aktienstraße weite Bereiche der Stadt nicht in der notwendigen Hilfsfrist erreicht werden. Im Rahmen der Neuordnung der Feuerwehr wurde daher im Jahr 2000 der Neubau von zwei Feuer- und Rettungswachen beschlossen. Mit einer 2005 in Betrieb genommenen Nebenwache in Heißen können die nördlichen Teile der Stadt nun wieder in der vorgeschriebenen Zeit erreicht werden. Mit dem Bezug der neuen Hauptfeuer- und Rettungswache in Broich 2010 gilt dies auch für den Süden der Stadt.

Neugründung der Freiwilligen Feuerwehr

Im Rahmen der Neuordnung der Feuerwehr wurde auch die Notwendigkeit festgestellt, unbedingt wieder eine Freiwillige Feuerwehr einzurichten. Seit deren Neugründung im September 2001 hat sie sich zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Gefahrenabwehr entwickelt und sorgt nun gemeinsam mit der Berufsfeuerwehr für den Brandschutz in der Stadt.

Neues Jahrtausend und neue Anforderungen

In den Jahren ab 2000 sorgten unter anderem Einsätze im Bereich des Katastrophenschutzes für zusätzliche, teils auch neue Anforderungen. Waren es zunächst Einsätze mit Terrordrohungen im Nachgang zu den Anschlägen auf das World Trade Center in New York, kamen danach vermehrt Alarmierungen nach Starkregen oder orkanartigen Stürmen hinzu. Neben Einsätzen außerhalb vom Mülheim wie dem Elbehochwasser müssen hier insbesondere Stürme wie Kyrill und Ela genannt werden. Daneben war die Feuerwehr aber auch im Rahmen der Coronavirus-Pandemie oder auch der Flüchtlingskrisen stark gefordert.

In all den Jahren befand sich die Mülheimer Feuerwehr in einem permanenten Entwicklungsprozess, in dem sie sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen musste. Die Erfahrungen der Vergangenheit lassen hoffen und erwarten, dass ihr dies auch zukünftig gelingen wird.

Jubiläumsausstellung 

Im Rahmen des 100. Jubiläums der Berufsfeuerwehr ist im Foyer des Hauses der Stadtgeschichte, Von-Graefe-Straße 37, vom 15. April 2024 bis zum 28. Juni 2024 die Ausstellung „Es brennt! Vom Löscheimer zur modernen Feuerwehr“ zu sehen. Die Ausstellungseröffnung ist am Montag, den 15. April um 17:00 Uhr. Gastredner ist der Buchautor und ehemalige Leiter der Mülheimer Feuerwehr Burkhard Klein.

Festschrift

Zum Jubiläum ist zudem eine umfangreiche Publikation erschienen:

Von Spritzenmeistern, Gehülfen und Pümpern zu 100 Jahren Berufsfeuerwehr : die Geschichte des Brandschutzes in Mülheim an der Ruhr, 100 Jahre Berufsfeuerwehr, 172 Jahre organisiertes Löschwesen / von Burkhard Klein. – 1. Auflage. – Edewecht :  Stumpf + Kossendey, 2024. – 200 Seiten , zahlreiche Illustrationen; 28 cm x 21 cm.  

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