Von: Johannes Fricke
Am 11. April 1992 eröffnete Ministerpräsident Rau bei schönem Wetter die Mülheimer Landesgartenschau. Er begann seine launige Rede mit „Liebe Kinder – liebe Erwachsene“ und wollte gar nicht verraten, was die MüGa gekostet hatte, eine Anspielung auf den großen Beitrag des Landes. In einer Tanzvorführung verdrängten Schüler, die die vier Elemente verkörperten, als Müll verkleidete Kinder. Müll und Schrott sind von diesem Ort vertrieben worden von den Kräften der Natur, interpretierte Oberbürgermeisterin Güllenstern in ihrer Rede das Schauspiel der Kinder.
Tatsächlich war der Kernbereich der MüGa noch wenige Jahre vorher ein riesiger Schrottplatz gewesen. Dort hatte sich die stillgelegte Ruhrtalbahn von Styrum über Saarn nach Kettwig mit der Eisenbahnstrecke von Speldorf nach Mülheim gekreuzt. Eisenbahnbrachen und aufgegebene Gewerbebetriebe prägten die linke Seite der Ruhr, ganz im Gegensatz zu den Grünanlagen auf der anderen Seite.
Als die Idee einer Gartenschau links der Ruhr aufkam, gab es zunächst Ablehnung. Man meinte, Mülheim hätte schon genug Grünflächen. Dann erkannte man die großen Chancen einer solchen Veranstaltung für Stadtentwicklung und zur Wohnumfeldverbesserung. Sie sollte keine „Blümchenschau“ werden; vielmehr ging es darum, alte Eisenbahn- und Industriebrachen in Grünflächen umzuwandeln und neue Verbindungen zwischen den Stadtteilen herzustellen. Mit diesem Konzept konnte die Stadt auch viele Fördermittel bekommen. Die Bauarbeiten dauerten nur drei Jahre. Wie aufwendig sie waren, zeigt schon die Zahl von 14.500 LKW-Ladungen an kontaminiertem Boden, der – im Bereich des Ringlokschuppens teilweise bis zu 8 Meter tief – abgefahren wurde. Bau und Durchführung wurden von der MüGa GmbH organisiert.
Die zahlreichen Angebote der MüGa für die Besucher können hier nur in Auswahl dargestellt werden: Beliebt waren Fahrten auf der Ruhr mit den 11 kleinen Schiffen, die der erst kürzlich verstorbene damalige MüGa-Geschäftsführer Horst van Emmerich aus Beständen der ehemaligen NVA angekauft hatte. Überhaupt spielte Wasser eine wichtige Rolle, von der Wasserachse über die neugeschaffenen Wege an der Ruhr bis hin zu den Museen, dem Aquarius Wassermuseum in Styrum und dem Haus Ruhrnatur. Zusammen mit der Camera Obscura im alten Wasserturm trugen sie zu der Entstehung einer Kette der Mülheimer Museen bei. Ein Naturlehrpfad und ein geologischer Lehrpfad mit Blick auf den Steinbruch Rauen sollten nicht vergessen werden. Sie lagen an dem 7 Kilometer langen Fuß- und Radweg auf der ehemaligen Eisenbahntrasse von Styrum nach Saarn. Der Ringlokschuppen wurde zu einer wichtigen Veranstaltungsstätte. Am häufigsten besucht waren die Blumenschauen, am beliebtesten die Wasser- und Matschspielplätze für Kinder.
Nach der Schließung der MüGa gab es einige Kritik in Mülheim: Die weitere Nutzung war noch nicht geklärt; die Zahl von 1.350.000 Besuchern lag unter der ursprünglichen Schätzung, so dass es ein Defizit gab. Interessiert war man dagegen in Oberhausen: Für die geplante eigene Gartenschau besuchte man mehrmals die MüGa, da man dort viel lernen konnte.