Als in Mülheim die ersten Fernseh-Bildschirme flimmerten

Philips Fernseh-Empfänger aus den 1950ern, Quelle: Danny Gießner

von: Dirk von Eicken

Weihnachten 1952 war es auch in Mülheim soweit. Nach zwei Jahren Versuchsbetrieb begann der NWDR am 25. Dezember 1952 ein regelmäßiges deutsches Fernsehprogramm zu senden. Und kaum einer schaute zu! Bereits vorher aber war es möglich, in den Genuss eines „Fernsehprogramms“ zu kommen. Der holländische Sender Ijsselstein war bei guten Bedingungen auch in Mülheim zu empfangen. Jeweils dienstags und freitags zwischen 20:15 und 21:45 Uhr strahlte der Sender sein Programm aus, ca.  15 km südlich von Utrecht, mit einer Leistung von 5 kW. Geboten wurden Kochrezepte, Ausschnitte der holländischen Wochenschau, Gesundheitsvorträge, bunte Abende und Kurzfilme.

Die Mitglieder der Familie Göntgen aus der Hardenbergstraße in Heißen waren die ersten Zuschauer in unserer Stadt. Anmelden – damals noch ein Monopol der Deutschen Bundespost – konnte Werner Göntgen seinen Apparat aber erst zum 1. Januar 1953. Bis dahin war er offizieller ‚Schwarzseher‘. Kurios waren die damaligen Gebühren: für das Bild musste man sieben DM bezahlen, wollte man auch den Ton dazu haben, waren weitere zwei DM fällig. Bis Ende 1953 konnte die Post 46 „Seher“ in unserer Stadt verzeichnen. Wobei Gaststätten und Rundfunkhändler die Mehrzahl der angemeldeten Geräte, meist 17-Zoll-Schirme, bildeten. Ein Tischgerät kostet damals rund 1.500 DM, ein Standgerät 1.800 DM was zur dieser Zeit eine enorme Investition bedeutete. Damit alle ein Gerät kaufen konnten, eröffnete das Fachgeschäft Neumann am 28. November 1952 auf der Schloßstraße 46 neue Verkaufsräume.

Es war die Zeit, in der man sich im abendlichen Halbdunkeln mit der Familie, Freunden und Nachbarn im Wohnzimmer traf. Die Frauen in Cocktailkleidern, die Männer mit Anzug und Krawatte. Bei einem Glas Wein und ein paar Salzstangen wartete man darauf, dass die Röhren warm wurden und ein Schwarz-Weiß-Bild aufflimmerte. Und was wurde den Mülheimern am ersten Fernsehtag Weihnachten 1952 geboten? Der NDR schreibt dazu: „Die Feste der Kunst“ kommen noch am selben Abend erstmals direkt in die Wohnzimmer der Zuschauenden. Denn auf der Rede des Fernseh-Intendant des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR), Werner Pleiste, folgte das weihnachtliche Fernsehspiel „Stille Nacht, heilige Nacht“. Das „große Geschehen der Welt“ flimmert zunächst im etwas kleineren Rahmen über die schwarz-weißen Mattscheiben, in dem Fernsehsender aus aller Welt ihre Grüße an den neuen Sender übermittelten. Zum Schluss der knapp zweistündigen Übertragung wurde versucht, mit dem Tanzspiel „Max und Moritz“ vom NWDR-Rundfunkorchester „das heitere Lächeln der frohen Laune“ zu zeigen.

Der NWDR

Der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) war eine deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt mit Sitz in Hamburg. Sie war für die Versorgung mit Rundfunkprogrammen in den Ländern Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zuständig. Auch in West-Berlin sendete der NWDR aus dem eigenen Studio bzw. Funkhaus, bis Ende 1953 der Sender Freies Berlin gegründet wurde (dessen Sendestart am 1. Juni 1954 war). Der NWDR bestand bis zum Jahreswechsel 1955/56, als die beiden selbständigen Rundfunkanstalten NDR und WDR gegründet wurden. Der NWDR war Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (ARD)

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