Die Gründung des Mülheimer Turnvereins 1856

Mülheimer Turnverein 1856, Quelle: Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr

Von: Thomas Emons

Frei nach Turnvater Jahn gründen 36 sportliche Mülheimer am 11. August 1856 in einer Gastwirtschaft an der heutigen Friedrich-Ebert-Straße den Mülheimer Turnverein. Den Tag der Vereinsgründung haben die Turner bewusst gewählt. Es ist der Geburtstag des 1852 verstorbenen Turnvaters, der das Turnen aus pädagogischen, gesundheitlichen und politischen Gründen populär gemacht hat. 

So ist die Vereinsgründung anno 1856 auch ein politischer Akt, ist das Bekenntnis zum Turnvater doch auch mit den Zielen nationaler Einheit und Freiheit verbunden. Obwohl der dem Paulskirchen-Parlament angehörende Friedrich Ludwig Jahn kein Demokrat, sondern Monarchist war, sind seine Ziele im Preußen des Jahres Acht nach der gescheiterten Revolution von 1848 der Obrigkeit suspekt. Nichts fürchtet Preußen-König Friedrich Wilhelm IV. mehr als die Gründung politischer Vereine, die seinen Machtanspruch in Frage stellen könnten. Und so schreibt sich der Mülheimer Turnverein im §1 seiner Satzung 1856 neben der „geistigen und körperlichen Kräftigung“ die „Förderung des Turnens als wesentlich notwendigem Bestandteil der gegenwärtigen Erziehungsweise“ und die „Bekämpfung der gegen das Turnen gerichteten Vorurteile und das Wirken für das Allgemeinwerden turnerischer Übungen“ auf seine Fahne. 

Schon 1857 wird ein erstes Turnerfest gefeiert. Und im Juni 1860 berichtet die Rhein-Ruhr-Zeitung angesichts eines vom MTV in Mülheim organisierten rheinisch-westfälischen Turnerfestes: „Die edle Turnerei, die viele Jahre lang ein kümmerliches Dasein fristete, erstarkt zu neuem kräftigen Wirken. Dafür mehren sich die Zeichen. Und eines der bedeutensten ist das Fest, welches in diesen Tagen hier gefeiert wird.“ 

Dabei wird nach 1856 beim Mülheimer Turnverein, der nach dem Zusammenschluss mit zwei anderen Vereinen 1938 zur Mülheimer Turngemeinde werden sollte, keineswegs nur geturnt. In den ersten Jahren nach der Vereinsgründung werden auch eine Theater- und Gesangsabteilung sowie eine Turnerfeuerwehr ins Leben gerufen. Zu einem Meilenstein der Vereinsgeschichte wird 1901 die Errichtung der Jahnhalle an der Kaiserstraße, die zweimal, nach einem Brand (1908) und kriegsbedingten Bombenschäden (1943) wiederaufgebaut werden musste.

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