Der Komponist August Bungert (1845-1915)

August Bungert, Quelle: Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr

Von: Thomas Emons

Was Ludwig van Beethoven für Bonn, könnte August Bungert für Mülheim sein. Doch wer war Bungert? Name und Werk des Komponisten, dessen Elternhaus am Löhberg stand, dürften wohl nur Musikkennern etwas sagen. Dabei gehörte der am 14. März 1845 in Mülheim geborene Komponist in den späten Jahren seines Lebens zu den angesehensten Mitgliedern seiner Zunft. Die zeitgenössische Musikkritik verglich ihn vor allem wegen seines Opernzyklus Odysseus mit Richard Wagner und dessen Ring des Nibelungen. 

Mit dem antiken und sagenhaften Stoff traf Bungert den Zeitgeist und schaffte seinen Durchbruch. Die Odysseus-Opern erlebten zwischen 1896 und 1903 fast 100 Aufführungen an namhaften deutschen und europäischen Häusern und brachten dem Komponisten Tantiemen von 400.000 Goldmark ein. Der späte Reichtum Bungerts und seine nach antiken Vorbildern aufgemöbelte Villa in Leutesdorf bei Neuwied, wo er am 26. Oktober 1915 starb, standen im krassen Gegensatz zur bitteren Armut seines frühen Musikerlebens. 

Sein Vater Friedrich, ein gestandener Färbermeister, hatte August vor der brotlosen Kunst gewarnt. Doch der musisch früh begabte Sohn wollte die vernünftigen Argumente seines Vaters nicht hören und folgte lieber der Stimme seines Herzens. In Heinrich Kufferath, der 1852 zu den Mitgründern des Männergesangsvereins Frohsinn gehörte, fand er einen musikalischen Lehrer und Förderer. Doch schon bald wurde ihm Mülheim zu eng. Nach der Mittleren Reife zog es den 16-Jährigen zum Musik- und Kompositionsstudium ans Kölner Konservatorium. Dort erkannte man sofort seine Genialität und ließ ihn in der Meisterklasse ausbilden. Doch seine musikalische Meisterschaft zahlte sich lange nicht aus. Dachkammern waren sein bevorzugtes Wohnquartier, und als er seit 1864 in Paris studierte, soll er einmal in einem Park vor lauter Hunger einem Mädchen das Butterbrot entrissen haben. 

Die Hungerleiderei hatte erst ein Ende, als der nach Deutschland zurückgekehrte Bungert 1869 in Bad Kreuznach eine Anstellung als Musikdirektor fand, auch wenn der Titel mehr versprach, als die Bezahlung halten konnte. Er leitete vor allem den örtlichen Gesangsverein und musste noch Privatstunden geben, um finanziell über die Runden zu kommen. Ein erster Durchbruch gelang ihm erst, als er in den frühen 1870er Jahren zwei Kompositionswettbewerbe gewann, in deren Jury auch Johannes Brahms und Franz Liszt saßen. 

Das Preisgeld nutzte er unter anderem für einen Erholungsurlaub in Italien, wo er mit der Prinzessin zu Wied und späteren rumänischen Königin auf eine Seelenverwandte und Förderin traf, mit der ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte. Nicht wenige der Gedichte, die die Aristokratin unter dem Künstlernamen Carmen Sylva schrieb, wurden durch Bungert vertont. Und Sylva ihrerseits war später die treibende Kraft des 1911 gegründeten Bungert-Bundes, der unter anderem das am Ausbruch des Ersten Weltkriegs gescheiterte Vorhaben verfolgte, nach dem Vorbild der Bayreuther Wagner-Festspiele in Bad Godesberg Bungert-Festspiele zu inszenieren.

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