Der letzte Gottesdienst in der Paulikirche

Pauli-Kirche, Quelle: Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr

Von: Thomas Emons

In Kirchen wird die frohe Botschaft vom ewigen Leben verkündet. Doch Kirchen selbst sind nicht unbedingt für die Ewigkeit gebaut. Dass man Kirchen aus Kostengründen aufgibt, ist nicht neu. 

Am 27. Juni 1971 müssen sich die Christen der evangelischen Altstadtgemeinde von ihrer Paulikirche an der Delle verabschieden. Sie tun es schweren Herzens und auch unter Protest. Angesichts des Unmutes erinnert Pastor Walter Hufschmidt in der Predigt, die er am 27. Juni 1971 anlässlich des letzten Gottesdienstes in der 80 Jahre zuvor errichteten Paulikirche hält, daran, „dass in der Vergangenheit dieser Kirche immer wieder Mahnungen zum Frieden und dem Verstehen anderer von dieser Kanzel ausgegangen sind“. Dort, wo heute Autos parken, wurde bis zum Juni 1971 noch regelmäßig Gottesdienst gefeiert. Besonders beliebt waren die ökumenischen Zehn-Minuten-Andachten. Zum Abschied lässt die Chorgemeinschaft Scharpenberg in der Paulikirche, deren Vorgängerin durch einen Fundationsbrief des Broicher Grafen Wilhelm Wyrich von 1658 ermöglicht worden war, ein Konzert mit geistlichen und weltlichen Liedern erklingen. 

Nach dem letzten Gottesdienst kehrt in der Paulikirche keine Ruhe ein. Im August besetzen junge Leute, die in der Lokalpresse als „langhaarige Hippie-Jugendliche“ bezeichnet werden, das dem Abriss geweihte Gotteshaus. Die Besetzer, die sich im Sommer am Berliner Platz treffen, würden die Paulikirche gerne als selbstverwaltetes Jugendzentrum nutzen. Sie lassen buchstäblich die Glocken läuten. An ihrer Idee scheiden sich die Geister. 

Manche fürchten, dass die alte Paulikirche zum Beatschuppen werden könnte. Andere wiederum sähen lieber eine solche neue Nutzung als einen Abriss des Gotteshauses, dessen Renovierung die Kirche nicht bezahlen kann und will. Doch das Presbyterium der evangelischen Altstadtgemeinde bestätigt den geplanten Abriss. Anfang September kommen die Bagger, und im Oktober 1971 wird der Kirchturm gesprengt. Auf dem Gelände der Paulikirche sollten Altenwohnungen und ein Altenheim entstehen. Doch diese Pläne werden nie realisiert. 

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