Die WDL, eine „Himmelstürmerin“ aus Mülheim

Theo Wüllenkemper vor seinem Luftschiff, 2009 (Quelle: Stadtarchiv)
Theo Wüllenkemper vor seinem Luftschiff im Jahr 2009 (Quelle: Stadtarchiv)

von: Thomas Emons

WDL. Diese drei Buchstaben stehen seit fast 70 Jahren für Westdeutsche Luftwerbung. Der damals 30-Jährige Theo Wüllenkemper gründete die WDL 1955 mit seiner fünf Jahre jüngeren Lebensgefährtin Inge Bachmann. Es war die Zeit des westdeutschen Wirtschaftswunders. Und die WDL war mit der Lufthansa und mit der LTU das erste westdeutsche Flugunternehmen, das eine Lizenz bekam. Bachmann und Wüllenkemper hatten bis dato ihr Geld mit einem Süßwaren- und Kaffeehandel verdient. Und der flugbegeisterte Theo Wüllenkemper hatte das eigene Unternehmen ab 1954 mit Werbeflügen bekannt gemacht. Die Werbebanner am Himmel weckten das Interesse anderer Unternehmen. Sie beauftragten Wüllenkemper mit Werbefügen für ihre Produkte.

Das war die Geburtsstunde der Westdeutschen Luftwerbung. Bald gehörten zu Wüllenkempers und Bachmanns Unternehmen auch eine Flugschule und ein Flugservice. Für Werbe- und technische Erprobungsflüge, in der Schädlingsbekämpfung und für Luftaufnahmen wurden die bis zu 40 Maschinen und Piloten der WDL ebenso geordert wie für den Transport von Personen und Frachtgütern. Angeflogen wurden Ziele in Deutschland und Europa. Ab 1960 konnte man, wenn man reif für die Insel war, mit der WDL von Essen/Mülheim aus zu den deutschen Nordseeinseln fliegen.

Weil der in Theo Wüllenkempers Geburtsjahr 1925 eröffnete Flughafen Essen Mülheim für größere Maschinen zu klein und technisch unzureichend ausgerüstet war, errichtete die WDL Standorte an den Flughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf. Dort stationierte und wartete die WDL seine größeren Passagiermaschinen.

Der Flugenthusiast Theo Wüllenkemper war seit 1940 mit dem Flughafen Essen/Mülheim verbunden. Hier absolvierte er seine vormilitärische Segelflugausbildung, ehe er zur Luftwaffe eingezogen wurde. Die Gnade der späten Geburt ersparte ihm den Kampfeinsatz im Zweiten Weltkrieg.

Nach dem Krieg, als der Flughafen Essen/Mülheim von der Britischen Rheinarmee als LKW-Parkplatz genutzt wurde, gründeten Wüllenkemper und andere Fliegerfans 1950 hier einen Luftfahrtverein, obwohl an eine deutsche Luftfahrt damals nicht zu denken war. Wüllenkemper und seine Freunde mussten sich für Jahre mit Segelflugzeugen und Motorseglern begnügen.

Ab 1955 knüpften Wüllenkemper und Bachmann an die Mülheimer Flugtradition an. Denn bevor der Flughafen Essen/Mülheim 1939 zum Militärflughafen umgebaut und im Dezember 1944 von einem Luftangriff getroffen wurde, war er Westdeutschlands größter Regionalflughafen, der im Jahr 1937 insgesamt 15.000 Fluggäste und 5.000 Flüge abfertigte. Von Essen/Mülheim aus konnte man vor dem Krieg alle Hauptstädte Europas erreichen.

Eine Sternstunde für Wüllenkemper und Bachmann war das erste heliumgefüllte und in einer kleinen Kabine gesteuerte Luftschiff, made by WDL, das im Sommer 1972 in Essen/Mülheim abhob und mit etwa 60 km/h seine Werbebotschaften durch die Lüfte schweben ließ. Nicht nur am deutschen Himmel, sondern auch in Europa, in Ghana, in Japan, in Australien  und in den USA waren die WDL-Luftschiffe als Werbeträger, als fliegende Luftbildkameras und – zumindest in Ghana – auch als Lift- und Lufttransporter zu sehen.  

„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“, sang Hobbypilot Reinhard May im Jahr 1974. Doch von dieser grenzenlosen Freiheit konnte angesichts natürlicher und kommunalpolitischer Stürme und Turbulenzen am und rund um den Flughafen Essen/Mülheim für die WDL-Köpfe Wüllenkemper und Bachmann keine Rede sein.  

Zweifellos hätten WDL und seine Nachbarn mehr aus dem Flughafen machen können, wenn es hier nicht immer wieder zu politischen Loopings zwischen Ausbau- und Ausstiegsszenarien gekommen wäre. Und sicher hätten der 2012 gestorbene Theo Wüllenkemper und die 2018 verstorbene Inge Bachmann die neueste Wendung am Flughafen Essen/Mülheim und die damit verbundenen – auch unter: www.wdl-gruppe.de dokumentierten –  Aktivitäten der heute von Barbara Majerus und Frank Peylo geführten WDL gerne noch miterlebt und mitgestaltet.  

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