von: Thomas Emons
Über Geschmack lässt sich streiten, über Kunst allemal. Das erleben die Mülheimer im Frühsommer 1977, als der Hajek-Brunnen auf dem Viktoriaplatz, heute Synagogenplatz, Gestalt annimmt. Am 3. Juli 1977 ist es so weit. Das von dem Stuttgarter Maler und Bildhauer Otto Herbert Hajek geschaffene Groß-Kunstwerk aus Stahl und buntem Beton wird mit einer volkstümlichen Schlagerparade eingeweiht.
Radio Luxemburg überträgt live mit Frank Elstner
Gaststar Mike Krüger singt seinen Hit „Mein Gott Walter“, auch Peter Orloff und Jürgen Marcus treten auf. Radio Luxemburg überträgt live. Es moderiert Frank Elstner. Und an der Gulaschkanone gilt: „Wer zuerst kommt, isst zuerst. “Nicht allen Bürgern ist feierlich zumute. Hajeks begehbare Plastik, gesponsert von der Sparkasse, polarisiert. Für seine Anhänger ist das am Ende 850.000 Mark kostende Kunstobjekt ein neues Wahrzeichen der Stadt. Seine Gegner sehen es als Schandfleck und Fremdkörper. Das Brunnenkunstwerk, das später nicht nur als Sitzgelegenheit, sondern auch als Skaterbahn genutzt werden sollte, wird noch vor seiner Einweihung angefeindet.
Der Hajek-Brunnen wird geteert und gefedert
Im Mai 1977 haben unbekannte Hajek-Hasser sein Kunstwerk bei Nacht und Nebel geteert und gefedert. Zuvor waren am Kunstwerk bereits provisorische Protestschilder mit Aufschriften wie „Hajek muss weg“ oder „Vorsicht Kunst“ angebracht worden. Die Reaktionen nach der Nacht-und Nebelaktion gegen den Hajek-Brunnen reichen von: „Das ist keine Kunst“ bis: „Das ist eine bestimmte Gruppe. Die wollen uns verunsichern.“ Auch wenn die Einweihung des Hajek-Brunnens am 3. Juli 1977 gefeiert wird, der Argwohn gegen das monumentale Kunstwerk, das zu seinem 25.Geburtstag im Jahre 2002 für 17.000 Euro saniert wird, bleibt.
Unterschriften-Aktion für den Abriss
Noch 2001 sammelt die Junge Union Unterschriften für den Abriss des Hajek-Brunnens, weil er die Entwicklung des Platzes blockiere. Doch der Künstler hatte sich vorausschauend ein Einspruchsrecht für alle Veränderungen seiner begehbaren Platz-Plastik vorbehalten. Bei seinem letzten Mülheim-Besuch (2003) sagte der 2005 verstorbene Bildhauer mit Blick auf den Brunnen: „Ich bin glücklich. Noch immer bin ich den Verantwortlichen dankbar, dass sie sich für diese Arbeit entschieden haben.“