Max Kölges: Ein Leben zwischen Politik und Handwerk

Max Kölges (1880-1973)

von: Jens Roepstorff

Max Kölges wurde am 29. Oktober 1880 als Sohn des Kaufmanns Johann Kölges und seiner Frau Margarethe geb. Roelen in Dülken, Kreis Kempen, geboren. Sein Vater verstarb früh, so dass die Erziehung des Jungen allein in den Händen der Mutter lag.

Nach dem Abschluss der Volksschule erlernte der junge Max von 1894 bis 1897 in Krefeld das Handwerk des Friseurs und Perückenmachers und arbeitete anschließend dort mehrere Jahre als Geselle. Im Oktober 1899 zog er von Krefeld nach Mülheim an der Ruhr, wo er sich im darauffolgenden Jahr selbstständig machte.

Sehr bald kam es auch zu privaten Veränderungen in Max Kölges neuer Wahlheimat. Er lernte die 13 Jahre ältere Mülheimer Witwe Therese Boomes kennen und heiratete sie im Februar 1900. Aus der Ehe gingen insgesamt fünf Kinder hervor. Nach dem frühen Tod seiner Frau im Jahre 1913 heiratete Max Kölges ein zweites Mal. Hulda Richter war ein Jahr jünger als er und Tochter des verstorbenen Solinger Zollamtsvorstehers Bernhard Richter. Mit ihr hatte er noch weitere vier Kinder, von denen jedoch zwei – ein Zwillingspärchen – kurz nach der Geburt 1918 verstarben.

Neben der Ausübung seines erlernten Berufs begann Max Kölges sich für die Organisation des Handwerks einzusetzen. Er hatte maßgeblichen Anteil an der Gründung der Mülheimer Friseurinnung (1902) sowie des übergeordneten Innungsauschusses, des Vorläufers der Mülheimer Kreishandwerkerschaft. Von 1906 bis 1931 war Kölges Obermeister seiner Innung, von 1904 bis 1933 – mit einer dreijährigen, freiwilligen Unterbrechung – Vorsitzender des Innungsausschusses (Kreishandwerksmeister).

Von 1904 bis 1923 betätigte sich Max Kölges als Geschäftsführer mehrerer Innungskrankenkassen, war Vorsitzender der Rheinischen Versicherungsanstalt für selbstständige Handwerker (1919-1932), Vorstandsmitglied im Bund Deutscher Friseure (1925-1933) sowie Mitglied, Abteilungsleiter und schließlich Vorstandsmitglied der Handwerkskammer in Düsseldorf (1909-1933). Im Jahre 1919 gründete er eine Einkaufsgenossenschaft für Friseure. Auf seine Anregung hin wurde 1925 ein eigenes Verwaltungsgebäude für die Mülheimer Handwerkerschaft gebaut, das „Innungshaus“ in der Zunftmeisterstraße. Es überstand den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschädigt, wurde 1962 um einen Anbau erweitert und dient auch heute noch als zentraler Verwaltungssitz der Kreishandwerkerschaft.

Doch nicht nur Organisatorisches war Kölges wichtig, auch das Soziale lag ihm am Herzen. Die Einrichtung einer Innungskrankenkasse für Friseure (1904) geht auf seine Initiative zurück, ebenso die Gründung der Rheinischen Krankenversicherungsanstalt für selbstständige Handwerker im Kammerbezirk Düsseldorf (1919). Mitte der 1920er Jahre wurde auf sein Betreiben hin das Kurhotel „Rheingold“ in Bad Ems angekauft und in ein Erholungsheim für Handwerker umgewandelt.

Den Grundstein für seine politische Laufbahn legte Max Kölges im Jahre 1907, als er in die Zentrumspartei eintrat. 1919 wurde er als Vertreter dieser Partei in die Mülheimer Stadtverordnetenversammlung gewählt. Dort war er Mitglied sowohl im Hauptausschuss als auch im Ständigen Ausschuss.  Darüber hinaus hatte er von 1921 bis 1933 ein Mandat als Abgeordneter im Preußischen Landtag, wo er sich als Experte für Finanz- und Steuerfragen profilierte.

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde Kölges nach und nach aller leitenden Ämter enthoben. Zwischen 1933 und 1945 wurde er insgesamt drei Mal jeweils für mehrere Wochen auf Veranlassung der NSDAP ohne Angabe von Gründen inhaftiert. Der Verlust der politischen Ämter zwang Kölges, sich auf die Ausübung seines Berufes als Friseur zu beschränken. Doch auch hier machte ihm die Partei das Leben schwer. Von der NSDAP angezettelte Boykottmaßnahmen sowohl gegen seinen Friseursalon als auch gegen sein Verkaufsgeschäft mit Parfümerie- und Rauchwaren zwangen ihn wirtschaftlich in die Knie. So sah er sich 1935 gezwungen, sein Geschäft aufzugeben und das Geschäftsgebäude zu verkaufen. Mit dem Erlös erwarb er ein Haus in der Jahnstraße 7, das er mit seiner Familie bezog und von wo aus er sein neues Geschäft als Grundstücks- und Hypothekenmakler betrieb. Doch auch die Ausübung dieses Berufs wurde ihm von der Ortsgruppenleitung der NSDAP erheblich erschwert.

Nach dem Untergang des Nationalsozialismus erfuhr Max Kölges nach 1945 eine vollständige Rehabilitierung. Er wurde in seine verlorenen Ämter wiedereingesetzt und bekam zahlreiche neue dazu, u.a. als Vorstandsmitglied (ab 1954 Vizepräsident) der Handwerkskammer Düsseldorf, Vorstandsvorsitzender des Landesverbandes der Innungskrankenkassen (daneben auch Vorstandsmitglied des Bundesverbandes) sowie als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Krankenversicherung „Handwerk, Handel und Gewerbe“, der späteren Signal-Versicherung.

Auch sein politisches Engagement nahm Max Kölges wieder auf. Von 1945 bis 1947 gehörte er zunächst dem Provinzialrat an, dann dem konstituierenden Landtag des neu gegründeten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Er war Mitbegründer der Mülheimer CDU und von 1946 bis 1948 Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Rat der Stadt. In diesem Amt war er ein wichtiger Gesprächs- und Verhandlungspartner für die Vertreter der Militärregierung vor Ort. An der Parteierklärung vom 9. Mai 1946, die er als Vorsitzender der damals stärksten Fraktion im Namen aller in der Stadtvertretung sitzenden politischen Parteien den alliierten Vertretern überreichte, hatte er maßgeblich mitgewirkt.

Nach den ersten freien Kommunalwahlen im Oktober 1946 blieb Max Kölges noch zwei Jahre CDU-Fraktionsvorsitzender und bekleidete dann ab 1948 das Amt des Bürgermeisters und Stellvertreters des Oberbürgermeisters. 1952 schied er aus der Kommunalpolitik und damit auch aus sämtlichen politischen Ämtern aus. Sein Engagement für das Handwerk blieb davon zunächst unberührt. Nach und nach gab er jedoch auch seine zahlreichen Ämter in Wirtschaft und Handwerk an jüngere Kollegen ab und trat schließlich im August 1969 auch von dem letzten ihm verbliebenen Amt – dem des Kreishandwerksmeisters – zurück, um sich ganz ins Privatleben zurückzuziehen. Zu diesem Zeitpunkt war er 88 Jahre alt. Nachdem er im Dezember 1972 noch am Richtfest des neuen City Centers (Forum) teilgenommen hatte, starb er am 5. Januar 1973 nach einem erfüllten Leben im Alter von 92 Jahren.

Max Kölges hat das Mülheimer Handwerk geprägt wie kein Zweiter – und das über einen Zeitraum von fast 70 Jahren. Sein politisches Engagement hatte er im Kaiserreich begonnen, es in der Weimar Republik ausgeweitet und nach einer Zwangspause unter den Nationalsozialisten nach 1945 fortgesetzt. Zahlreiche Ehrungen wurden ihm im Laufe seines Lebens zuteil, u.a. Verdienstkreuz für Kriegshilfe (1916), Ehrenkreuz des Bundes Deutscher Friseure (um 1926), Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (1953), Großes Bundesverdienstkreuz (1969) sowie die Ernennung zum Ehrenkreishandwerksmeister der Mülheimer Handwerkerschaft. Eine besondere Würdigung erfuhr Max Kölges von seiner Wahlheimatstadt Mülheim an der Ruhr. 1962 ehrte die Stadt den „großen alten Mann des deutschen Handwerks“ für seine Verdienste um Politik und Handwerk mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechts. 1982 wurde eine Straße nach ihm benannt, 2012 eine Schule.

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