Von: Jens Roepstorff
Schon als Kind kam der 1926 geborene Ernst Rasche mit der Bildhauerei in Berührung. Zusammen mit seinem Vater, einem gelernten Steinmetz, verbrachte er viel Zeit in dessen Werkstatt. Auf die für ihn glücklichen Kindheits- und Jugendjahre folgten der Einzug zur Wehrmacht, Einsatz an der Front, dreimalige Verwundung und russische Kriegsgefangenschaft. Geprägt von diesen harten Jahren kehrte er nach Mülheim zurück. 1947 bekam er einen von nur 120 von den Engländern zugelassenen Studienplätzen an der Kunstakademie in Düsseldorf. Im Studium konnte er seine Vorstellung von großen, monumentalen Bildhauerarbeiten verwirklichen und den geistigen Austausch mit Kommilitonen pflegen, zu denen unter anderem Joseph Beuys und Günter Grass gehörten. Auch der zu dieser Zeit in Düsseldorf als Professor lehrende Otto Pankok trug zur Prägung von Ernst Rasche bei. „Die Menschen damals hatten ein Ziel: Sie wollten das Land nicht nur materiell, sondern auch geistig wieder aufbauen. Diese lebendige Zeit hat auch den Künstlern viel Elan gegeben“ sagte er knapp 50 Jahre später über diesen Abschnitt in seinem Leben. 1951 beendete er sein Studium an der Kunstakademie und arbeitete fortan als freier Künstler mit Atelier in Mülheim.
In den folgenden Jahrzehnten schuf Ernst Rasche so unterschiedliche Werke wie die Chorwand der Kirche St. Mariae Geburt, die Glasfenster des Chores der Petrikirche, die Säulenreliefs am Rathausneubau sowie den Dröppelminna-Brunnen in der Innenstadt. Nicht zu vergessen sein wohl bekanntestes Werk in seiner Heimatstadt Mülheim: die monumentale „Kugel“ auf der Schloßstraße. Zwei Schwerpunkte ragten bei seiner künstlerischen Arbeit heraus: die Ausstattung von Sakralräumen sowie die Gestaltung von Stadtlandschaften. Auf ein bestimmtes Material war er dabei nicht festgelegt. Er arbeitete mit Stein, Holz und Glas ebenso wie mit Metall, Bronze und Stahl. Seine Werke, in der Regel auftragsgebundene Arbeiten, stehen heute in über 140 Städten und 11 Bistümern. „Von den Zeiten, als die Städte noch Geld für Kunst im Öffentlichen Raum hatten, habe ich profitiert“, sagt er später einmal, „aber selbst, als noch Geld da war, waren immer enge Grenzen gesetzt.“
Zahlreiche Ehrungen erfuhr der Künstler im Laufe seines Lebens. So erhielt er 1962 – zusammen mit seinen Künstlerkollegen Heinrich Siepmann und Carl Altena – den ersten Ruhrpreis für Kunst und Wissenschaft der Stadt Mülheim. 1990 wurde er für seine sakrale Kunst von Papst Johannes Paul II. mit dem Orden Pro ecclesia et pontifice ausgezeichnet. Und auch der Ehrenring der Stadt Mülheim wurde ihm 2011 angetragen. Als er 2016 aus Anlass seines 90. Geburtstages sein letztes großes Interview gab, waren seine langjährigen künstlerischen Weggefährten Carl Altena, Heinrich Siepmann und Daniel Traub allesamt bereits verstorben. Am 4. Februar 2018 folgte Ernst Rasche ihnen nach einem langen, schaffensreichen Leben hochbetagt mit 91 Jahren.