Als die Queen nach Mülheim kam

Queen Elisabeth am Flughafen Mülheim, Quelle: Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr

Von: Thomas Emons

„Die Königin ist tot. Es lebe der König!“ So heißt es nach dem Tod der britischen Königin Elisabeth II. am 8. September 2022, als ihr Sohn Charles als König Charles III. den britischen Thron besteigt, noch ehe er am 6. Mai 2023 gekrönt wird.

Ob Charles III. während seiner Regentschaft die Zeit für einen Besuch in Mülheim finden wird, wissen wir nicht. Sicher ist: Auch in Mülheim gibt es Royalisten. Was es aber bei uns nicht mehr gibt, ist die britische Rheinarmee. Sie ist zwischen 1945 und 1994 auch in Mülheim stationiert, erst als Besatzungsmacht, dann als Schutzmacht und zuletzt als Streitmacht eines Alliierten. Dieser Rheinarmee gilt auch der Besuch, der Elisabeth II. am 22. Mai 1984, also im 32. Jahr ihrer Regentschaft und 19 Jahre nach ihrem ersten Besuch in Deutschland, auch nach Mülheim führt. Es ist ein Dienstag. Und es ist 17.30 Uhr, als die damals 58-jährige Queen am Flughafen Essen/Mülheim landet. „E.R. – Elisabeth Regina“, notiert der Mülheimer Lokalreporter die auf der Maschine gut sichtbaren Initialien. 

Es ist der Flughafen, den die Royal Air Force im Zweiten Weltkrieg als deutschen Militärflughafen bombardiert und nach dem Kriegsende 1945 als LKW-Parkplatz genutzt hat, ehe ab 1955 in Raadt wieder gestartet und gelandet werden kann. An dem Tag, als die Queen dort landet, stehen zwei britische Kanonen aus dem Zweiten Weltkrieg vor dem Flughafengebäude. Doch sie schießen keinen Salut, sondern bleiben Staffage. Und natürlich wird am Flughafen auch geflaggt.

Am 22. Mai 1984 wird die Queen nicht nur vom Oberstadtdirektor Heinz Hager und von Oberbürgermeisterin Eleonore Güllenstern, sondern auch von ihren Essener Amtskollegen, Oberbürgermeister Horst Katzor und Oberstadtdirektor Kurt Busch empfangen. Auch der damalige Flughafen-Geschäftsführer, Klugewitz, darf Elisabeth II. die Hand schütteln. Neben dem damaligen britischen Botschafter in Bonn, Sir Jock Taylor und dem Oberbefehlshaber der britischen Rheinarmee, Vier-Sterne-General Sir Thomas Morony, gehören auch 300 schaulustige Zaungäste zum Empfangskommando am Flughafen Essen-Mülheim. Mehrere 1000 Menschen aus Mülheim und seinen Nachbarstädten finden am 22. Mai 1984 den Weg zum Flughafen, kommen aber nicht auf Sichtweite an die Queen heran. Unter den Schaulustigen sind viele Angehörige eines Transportregiments der britischen Rheinarmee und des Anglo-German-Clubs. Ihr Weg von den Wrexham Baracks, die wir heute, zwischen Steinknappen und Zeppelinstraße als Wohnpark Witthausbusch, zum 1925 eröffneten Flughafen in Raadt ist nicht weit. Heute erinnern dort die Liverpoolstraße, die Westminsterstraße, die Oxforder Straße und der William-Shakespeare-Ring an dieses britische Kapitel der Mülheimer Stadtgeschichte. Damals fährt mit der Linie 110 noch eine Straßenbahn, direkt zum Flughafen.

Weil Oberbürgermeisterin Güllenstern und Oberstadtdirektor Hager, auch die damalige kommunale Doppelspitze der Stadt ist ein Erbe der britischen Militärregierung in Mülheim, wissen, dass Elisabeth II. eine Pferdenärrin ist, geben sie ihr ein Porzellanpferd als Gastgeschenk mit auf ihren Weg nach Dortmund. Denn dorthin fährt die Queen nach einem dreiminütigen Zwischenstopp am Flughafen in ihrer Daimler-Limousine. Die wird von 14 Fahrzeugen und 42 Polizisten über die gesperrte A52 und die A50 eskortiert. In Dortmund besucht sie Regimenter der Rheinarmee, deren Ehrenoberst sie ist. Adel verpflichtet.

Im Nachgang zur dreiminütigen Stippvisite ist man im Rathaus „not amused“ darüber, dass die Mülheimer Doppelspitze zwar ein Porzellanpferd für die Queen, aber nicht das Goldene Buch der Stadt für einen königlichen Eintrag mit zum Flughafen gebracht hat. Drei Jahre später machen Güllenstern und Hager ihrem historischen Fehler wieder gut. Bevor Papst Johannes Paul II, nach einem 20-minütigen Zwischenstopp am Flughafen Essen-Mülheim mit einem Helikopter zur nächsten Station seines zweiten Deutschlandbesuches, nach Düsseldorf, weiterfliegen kann, muss er sich im 1914 gestifteten Goldenen Buch der Stadt für die Ewigkeit eintragen.

So bleiben uns vom Kurz-Besuch der Queen nur einige Fotos und die damalige Presseberichterstattung. „Elisabeth II. landete lächelnd ganz in Pink“ und: „Nice to see you sagte Ihre Majestät“ titelte am 23. Mai 1984 die Mülheimer Lokalpresse.

Was auch noch bleibt von der special relationship zwischen Mülheim und dem United Kingdom ist die Städtepartnerschaft mit dem nordenglischen Darlington, die 1953 begründet worden ist, zehn Jahre, nachdem Flugzeuge der Royal Air Force Mülheim in Schutt und Asche gelegt haben. Aber das sind schon wieder zwei ganz andere und neue Geschichten von gestern.

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