Von: H.D. Strunck
Wenn wir in der Zeitung von einer Eintragung ins Goldene Buch der Stadt lesen sehen wir zumeist auch ein Foto unseres Stadtoberhauptes, ausgestattet mit der Amtskette.
Lächelnd neben einem Gast stehen aber nicht nur prominente Gäste, so mancher Mülheimer und wichtige lokalhistorische Ereignisse finden Platz in diesem Buch, das damit auch Teil der Chronik der Stadtgeschichte ist.
Unsere Stadt kann inzwischen zwei solcher Bücher aufweisen. Beide Exemplare wurden von Mülheimer Bürgern gestiftet und werden heute im Tresor der Stadt (Band 2) bzw. im Magazin des Stadtarchivs (Band 1) aufbewahrt.
Das erste bereits vollgeschriebene Goldene Buch, wurde 1914 von dem heute weitgehend unbekannten Webereibesitzer und unbesoldeten städtischen Beigeordneten Dr. Ing. e.h. Carl Roesch gestiftet. Buchrücken und -deckel sind aus reinem Silber – schwer vergoldet – hergestellt und mit 58 Halbedelsteinen besetzt. Es ist etwa 46 x 38 cm groß und 12 cm dick, wiegt exakt 15,2 kg und wird in einer mit braunem Leder eingebundenen Schatulle (Gewicht 5,6 kg) aufbewahrt. Seine 377 Pergamentseiten wurden in rund 85 Jahren vollgeschrieben.
Es ist ein geschichtliches Dokument verziert mit einem bewaffneten Ritter in der Mitte des Buchdeckels, der – vermutlich ein Hinweis auf den gerade begonnenen Ersten Weltkrieg – auf einer brennenden Erdkugel steht. Um ihn herum sind die für Mülheim früher wichtigsten Wirtschaftszweige gruppiert. Ein Ruhraak steht für die Schifffahrt, eine Hochofenanlage für die Eisen- und Stahlindustrie, ein Förderturm für den Kohlebergbau und nicht zuletzt eine Wassermühle den Namen unserer Stadt symbolisierend.
Die erste Eintragung lautet: Goldenes Buch aus eiserner Zeit der Stadt Mülheim an der Ruhr gestiftet von Carl Roesch.
Der erste prominente Gast der sich am 5. Juni 1918 im Buch verewigte, war Großadmiral Alfred von Tirpitz, der als Begründer der deutschen Hochseeflotte gilt. [Anmerkung der Redaktion: Der allererste Eintrag datiert vom 8. Februar 1918, als eine Delegation der sächsischen Verwaltung zu einem Arbeitsbesuch in Mülheim weilte.]
Von der politischen Prominenz unterschrieben in den folgenden Jahren unter anderem Eitel Friedrich, Prinz von Preußen, und der Kanzler des Deutschen Reiches, Dr. Heinrich Brüning. Die Kunst ist vertreten durch Wilhelm Furtwangler und die Forschung durch Max Planck und Karl Ziegler.
Nach 1945 lesen wir im Buch Eintragungen zu den Ereignissen in Mülheim, als Spiegel der Zeitgeschichte – ohne Unterschriften.
Dann aber in den 1950er Jahren sind wieder Namenszüge zu finden. Bekannte Namen sind darunter: Theodor Heuss, Ruhrbischof Dr. Franz Hengsbach, die Bundes- und Landespolitiker Willy Brandt, Franz Meyers. Hans-Dietrich Genscher, Helmut Schmidt, Heinz Kühn, Johannes Rau und Annemarie Renger. Am 18. November 1968 trug sich der allseits geschätzte OB Heinrich Thöne anlässlich seines 20-jährigen Dienstjubiläums ein.
Aber auch Berühmtheiten wie Sven Hedin, Helmut Schön, Willi Daume oder Sepp Meier sind zu finden. Darunter auch bekannte Mülheimer Politiker, Träger der Ehrenspange und viele andere. Nach 85 Jahren war die letzte Seite dieses Buches beschrieben.
1999 schenkte Erivan Haub, ehemaliger Chef des Tengelmannekonzerns, der Stadt ein neues Goldenes Buch. Es hat knapp 300 Seiten in handgeschöpftem Büttenkarton, ist mit handvergoldetem Kopfschnitt hergestellt und in Fadenheftung von Hand mit festem Sprungrücken gebunden. Jede Seite trägt in Golddruck das traditionelle Stadtwappen.
Vorder- und Rückdeckel wurden aus 785er vergoldeter Metallauflage gearbeitet. Das Buch ist circa 49 x 42 cm groß, 12 cm dick und wiegt exakt 15,2 kg. Es wird in einer schützenden Schatulle aus Edelholz aufbewahrt.
Auch hier finden wir eine Reihe von Prominenten, die ihre Spuren hinterlassen haben. Dazu gehören Dr. Willem Duisenberg, Prof. Dr. Karl Kardinal Lehmann, Peer Steinbrück und Angela Merkel.
Wünschen wir dem Buch und der Stadt noch viele freundliche Eintragungen in friedlicher Zeit.