von: Thomas Emons
Seit 20 Jahren werden in Mülheim Stolpersteine verlegt
Sie sind ein Anstoß zum Nachdenken und zum Gedenken. Vor 20 Jahren wurden in Mülheim die ersten Stolpersteine verlegt. Heute erinnern 175 Stolpersteine, verlegt vor den jeweils letzten freiwillig gewählten Wohnorten, an Menschen aus Mülheim, die der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik zum Opfer gefallen sind. Jetzt wollen das Stadtarchiv und der Rotary-Club Mülheim-Uhlenhorst, deren Mitglieder die Stolpersteine einmal im Jahr reinigen, mit 14 neuen Stolpersteinen an weitere NS-Opfer erinnern. Erinnert wird dabei nicht nur an Menschen, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden, sondern auch an Jene, die als traumatisierte und gezeichnete Überlebende und Hinterbliebene ebenfalls zu den Opfern der NS-Verfolgung gezählt werden müssen.
In Mülheim angestoßen wurde das Erinnerungsprojekt Stolpersteine durch die damalige Konrektorin der Realschule Stadtmitte Judith Koch. Sie war durch einen Fernsehbericht auf das 1993 vom Kölner Künstler Gunter Demnig bundesweit initiierte Projekt aufmerksam geworden. Im Rahmen eines Schuljubiläums recherchierte Koch, unterstützt vom Stadtarchiv, mit interessierten Schülerinnen und Schülern die Biografien und Schicksale jüdischer Mitschüler, die nach der Reichspogromnacht im November 1938 ihre Schule, die damalige Mittelschule für Mädchen und Knaben, hatten verlassen müssen.
„In dem wir den Opfern des Holocaust ihr Gesicht und ihre Lebensgeschichte zurückgegeben und vor dem Vergessen gerettet haben, konnten wir das unfassbare Verbrechen des Holocaust nah- und begreifbar machen, was zwangsläufig auch Auswirkungen auf unser heutiges Denken und Handeln haben muss“, sagt Koch. Auch als Rektorin der Realschule an der Mellinghofer Straße hat sie das Projekt Stolpersteine mit einer Schul-AG weiter begleitet.
Begleitet von den Stadtarchivaren Jens Roepstorff und Annett Fercho, die ihre Aufgabe inzwischen an ihren Kollegen Patrick Böhm weitergegeben haben, nahm sich in den Jahren 2006 bis 2019 ein von Friedrich Wilhelm von Gehlen geleiteter Arbeitskreis Stolpersteine der Recherche- und Dokumentation an, um die Biografien der Mülheimer NS-Opfer vor dem Vergessen zu bewahren und sie inzwischen auch digital, zum Beispiel auf der Internetseite des Stadtarchivs: www.stadtarchiv-muelheim.de nachlesbar zu machen.
Auch nach der Auflösung des Arbeitskreises Stolpersteine, konnten der Dokumentarfilmer Marcel Kolvenbach und die Autorin Monique Charlesworth, mithilfe Annett Ferchos 2022 und 2023 die Verfolgungsschicksale ihres Großvaters, Fritz Kahn, und ihrer Mutter, Inge Rosenbaum, filmisch und biografisch dokumentieren.
„Ich habe, mit Hannah Arendt gesprochen, immer wieder die Banalität des Bösen gesehen“, sagt der Rotarier Clemens Miller, der mit Fercho 14 weitere Mülheimer NS-Opfer-Biografien recherchiert und aufgeschrieben hat. Fünf der 14 neu zu verlegenden Stolpersteine, wollen Miller und seine rotarischen Freunde aus dem Club Mülheim-Uhlenhorst selbst finanzieren. Für die anderen Stolpersteine bitten Sie um Spenden aus der Bürgerschaft. Spenden können unter dem Stichwort „Stolpersteine“ auf das Konto: IBAN: DE 78 3625 0000 0300 0001 00, BIC: SPMHDE3EXXX bei der Sparkasse Mülheim an der Ruhr überwiesen werden.