Gründung des Verkehrsvereins

Touristische Broschüre des Verkehrsvereins (Quelle: Stadtarchiv)
Touristische Broschüre des Verkehrsvereins (Quelle: Stadtarchiv)

von: Kai Rawe

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckte Mülheim das Marketing in eigener Sache. In jenen Jahren gerieten die Städte des Ruhrgebiets zunehmend in einen gewissen Konkurrenzkampf um Investoren, Unternehmen und Arbeitskräfte. Darüber hinaus war man sehr darauf bedacht, auch in anderen Gegenden Deutschlands mindestens angemessen wahrgenommen zu werden und sich allgemein im rechten Licht zur Geltung zu bringen.

Um nun die Kommune wie die heimische Wirtschaft gleichermaßen zu fördern, wurde im Zusammenschluss von Stadtverwaltung und Wirtschaftsvertretern am 11. Dezember 1908 der Verkehrsverein gegründet. Verkehrsvereine waren zu jener Zeit ein modernes Mittel, nicht nur das Erscheinungsbild der Städte zu verbessern und über die so erreichte Aufwertung des Stadtbildes auch werbewirksam zu berichten, sondern auch ein Instrument der Wirtschaftsförderung. Die Bewerbung der verschiedenen Vorzüge einer Stadt sollte diese über die Grenzen der Region hinaus bekannt machen, Investoren und Arbeitskräfte sowie Besucher und Touristen anlocken.

Wie sehr der Verkehrsverein anfangs als Instrument der Wirtschaftsförderung begriffen wurde, zeigte sich bereits bei seiner Gründung unter Vorsitz des Syndikus der Handelskammer Dr. Keibel und in Anwesenheit des städtischen Beigeordneten von Wedelstedt am 11. Dezember 1908: 60 (!) Firmen beteiligten sich an dieser Vereinsgründung und traten dem Verein sofort bei. Die erste Satzung, die bei der Gründung beschlossen worden war, machte bereits den umfassenden Auftrag in der Definition des Vereinszwecks deutlich:

„Der Verein verfolgt den Zweck, Verkehr, Handel und Wohlfahrt in Stadt- und Landkreis Mülheim an der Ruhr zu fördern. Zur Erreichung dieses Zweckes stellt sich der Verein besonders folgende Aufgaben: 1. Verkehrserleichterungen jeder Art anzustreben; 2. den Fremdenverkehr zu heben; 3. Unternehmungen geschäftlicher und gemeinnütziger Art anzuregen und zu unterstützen, die geeignet sind, Bürger zu gewinnen; 4. Kongresse, Versammlungen, Ferienkurse, Fachausstellungen und Veranstaltungen künstlerischer und sportlicher Art nach Mülheim a.d. [sic] Ruhr zu ziehen; (…).“

Und so machte sich der Verein in den folgenden Jahren auch tatsächlich daran, diesen Zweck durch Publikationen von Reiseführern, Stadtplänen und Werbeplakaten, aber auch durch Verbesserung der Straßenbeschilderung und Unterstützung von Opernaufführungen zu erreichen. Selbst der Halt des Schnellzuges Paris – Berlin in Mülheim an der Ruhr wurde vom Verkehrsverein durchgesetzt.

Im Laufe der Zeit und angesichts sich wandelnder Rahmenbedingungen änderte sich auch die Arbeit des Verkehrsvereins. Wenn auch heutzutage die Image- und Werbefunktion im Sinne der „Hebung des Fremdenverkehrs“ längst von anderen Institutionen übernommen worden sind, erfüllt der Verein doch noch immer eine wichtige Rolle. So unterstützt er nicht nur nach wie vor Maßnahmen zur Verschönerung des Stadtbildes, sondern gibt auch immer wieder unterschiedliche Publikationen heraus. Die wichtigste Publikation erscheint ununterbrochen seit 1949 immer zum Jahresende und wird seit Generationen geschätzt: Das Mülheimer Jahrbuch. Seit der ersten Ausgabe werden die Jahrbücher natürlich im Stadtarchiv gesammelt und sind dort im Lesesaal für alle Interessierten einsehbar.

(aus: Mülheimer Zeitzeichen, Veröffentlichungen des Stadtarchivs Mülheim an der Ruhr, Band 1)

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