Hermann Seeger, ein Leben für die Mülheimer Schifffahrt

Der Schiffer Hermann Seeger (1872-1956)

Von: Dirk von Eicken

Es gab Zeiten, da war Mülheim eine bedeutende Schifferstadt mit vielen Kapitänen und Schiffsführern. Im Jahr 1956 verlor unsere Stadt einen ganz großen ‚Seemann‘, den ältesten Schiffer Mülheims: Hermann Seeger.

Als Hermann 1878 mit 16 Jahren als Schiffsjunge anfing, fuhren noch offene hölzerne Rheinaaks. Sein Beruf wurde ihm in die Wiege gelegt, bereits sein Vater und Großvater fuhren unter der Reedereiflagge von Matthias Stinnes auf dem Rhein. Sein erstes Schiff, die „Graf Moltke“, war ein kleiner Holznachen von etwa 200 BRT. 52 Jahre lang, davon 38 Jahre als Schiffsführer, ist Seeger auf dem Rhein gefahren, auch mal havariert, aber immer gut davongekommen. „Viktor Emanuel“, „Annemarie“, oder schlicht „46“ hießen die Pötte, die er als Schiffsführer kommandierte. Alles große Schiffe von etwa 1.500 BRT.

1950 wurde er Ehrenmitglied im Mülheimer Schifferverein (s. unten).

In Mülheim bekannt waren auch seine wöchentlichen Spaziergänge (immer Donnerstag) zusammen mit dem „Mausfallen-Kapellmeister“ Johann Metscher, Baas Hilterhaus und Adolf Heidtmann. Gesprochen wurde nur Mölmsch Platt.

Zu seinem 90. Geburtstag 1952 wurde Hermann Seeger eine große Ehre zu teil. An seinem „Ankerplatz“ Falkstraße 28 hatte sich eine große Menschenmenge versammelt. Vor dem Haus wartete eine festlich geschmückte Pony-Kutsche. Straße und Hauseingang waren mit Tannengirlanden geschmückt, Pechfackeln erleuchteten die Szenerie. Vier Schifferkameraden mit Ölzeug und Südwester klopften an seine Tür. Hermann Seeger trat in schwarzem Mantel, die Schiffermütze auf dem Kopf und mit Spazierstock vor sein Haus. Er stiegt in die Kutsche und der Fackelzug, die Fahnenabordnung des Schiffervereins und die Blaskapelle der ehemaligen 159er setzte sich Richtung Petrikirche in Bewegung. Die Straßen waren von Menschen umsäumt und immer mehr schlossen sich dem Zug an. Ziel war das Vereinslokal „Kölner Hof“ im Hagdorn. Hier feierte man und es wurden viele Reden gehalten. Honoratioren der Firma Stinnes, der evangelischen Altstadtgemeinde, der Stadt und viele Mülheimer Vereine machten dem Geburtstagkind ihre Aufwartung.

Am 20. Februar 1956, kurz vor seinem 94. Geburtstag, verstarb Hermann Seeger nach einem Sturz. Er wurde auf dem Hauptfriedhof bestattet.

Da war die große Zeit der Mülheimer Schifffahrt schon Geschichte.

Der Mülheimer Schifferverein

Der Mülheimer Schifferverein wurde 1938 gegründet. Er entstand aus dem Zusammenschluss der Vereine „Schifferlade Wohltätigkeit“, später „Borussia“ (gegründet 1861) und „Einigkeit“ (gegründet 1886). Grundlage beider Bünde war die Hilfe in Notfällen für die Mitglieder, ähnlich einer heutigen Versicherung. 1961 hatte der Verein noch 120 Mitglieder, davon 40 aktive Schiffsführer. Heute existiert der Verein nicht mehr.

Spuren des Schiffervereins findet man heute noch auf der Schleuseninsel zwischen dem Wasserbahnhof und dem Haus Ruhrnatur. Dort steht der 19 m hohe Schiffsmast mit Winde, der zum 100. Geburtstag des Vereins im September 1961 aufgestellt wurde.

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