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Konsum im Wandel: Die Geschichte des Kaufhofs in Mülheim an der Ruhr

Kaufhof, Quelle: Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr

Von: Jens Roepstorff

Die Kaufhof AG – bis zur Umbenennung 1936 die Leonhard Tietz AG – ist eines der ältesten deutschen Warenhaus-Unternehmen. Keimzelle der Firma war ein kleines Geschäft für Garne, Knöpfe, Stoffe und Wollwaren in Stralsund, das der Kaufmann Leonhard Tietz 1879 dort eröffnet hatte. Mit seinen drei Geschäftsgrundsätzen Barzahlung, Festpreis und Rückgaberecht galt er bei seinen Zeitgenossen als ein Pionier des Einzelhandels. 1885 entstand nach französischem Vorbild das erste Mehrabteilungskaufhaus Deutschlands der Familie Tietz in Elberfeld, sechs Jahre später ein weiteres in Köln, wohin wenig später auch die Firmenzentrale verlagert wurde.

Die erste Mülheimer Tietz-Filiale wurde 1928 in der Wallstraße/Ecke Löhberg eröffnet. Das Gebäude war 1927 von den Mülheimer Vorbesitzern erworben worden. Diese hatten an gleicher Stelle zuvor unter dem Namen „Hammonia“ ein Kaufhaus betrieben. Das Warenhaus ging auf eine Gründung der Brüder Max und Adolf Angeld zurück. Im Jahr 1900 hatten sie ihr erstes Geschäft, ein Möbelkaufhaus, am Rathausmarkt eröffnet.  Als 1908 das Grundstück für den Rathausneubau benötigt wurde, verkauften die Arnfelds dieses an die Stadt Mülheim und erwarben gleichzeitig eine freie Fläche in der Wallstraße/Ecke Löhberg für den Neubau und die Vergrößerung ihres Geschäfts. Am 12. September 1910 wurde das mehrstöckige „Kaufhaus Arnfeld“ am neuen Standort eingeweiht. Nach einigen Um- und Anbauten wurde das Haus im März 1913 neu eröffnet und umbenannt in „Kaufhaus Hammonia“. Die Besitzverhältnisse nach der Umbenennung sind unklar: Neben den Gebrüdern Arnfeld wird auch Theodor Katz als neuer Eigentümer genannt. Mit dem Verkauf an die Leonhard Tietz AG im Februar 1927 begann dann ein neuer Abschnitt in der Geschichte dieses Warenhauses.

Nach abermaligem Umbau wurde das Haus am 17. Oktober 1928 unter dem neuen Namen Tietz wiedereröffnet. Begleitet wurde die Neueröffnung von einer beispiellosen Werbekampagne in den Mülheimer Zeitungen: Großformatige, teilweise ganzseitige Anzeigen priesen das umfangreiche Sortiment des neuen Warenhauses. Die Mülheimer staunten über das neue Prunkstück ihrer Stadt, über die Rolltreppen über fünf Etagen hinweg und die Delikatessen aus aller Welt, die man in der Lebensmittelabteilung bewundern konnte. Das neue Warenhaus wurde dankbar angenommen, so dass ein Jahr später bereits eine bauliche Erweiterung notwendig war. 

Die Zeit des Nationalsozialismus ging an der Leonhard Tietz AG nicht spurlos vorüber. Im Juli 1933 wurde das Unternehmen in Westdeutsche Kaufhof AG (kurz: Kaufhof) umbenannt, 1936 die jüdische Familie Tietz enteignet, das Unternehmen „arisiert“ und die Firmenleitung ausgetauscht. Die ehemaligen Inhaber mussten emigrieren.

Bei einem Bombenangriff wurde 1943 das Mülheimer Warenhaus so stark zerstört, dass der Verkauf in zwei behelfsmäßige Notverkaufsstätten an der Schloßstraße – das Woolworth-Haus sowie das Eisenwarengeschäft Höfmann – ausgelagert werden musste. Bereits einen Monat später konnte in den beiden Ladenlokalen der Verkauf aufgenommen werden. 

Am 30. November 1948 eröffnete der Kaufhof an der unteren Schloßstraße – am heutigen Standort des Hotels Noy – ein bescheidenes, eingeschossiges Geschäftslokal mit einer Verkaufsfläche von etwa 1.500 qm.

Fünf Jahre später bezog der Kaufhof einen modernen, fünfgeschossigen Neubau an der Friedrich-Ebert-Straße (Eröffnung am 10. November 1953). Der Umzug brachte eine Vergrößerung der Verkaufsfläche auf 6.000 qm mit sich. Das Gebäude wurde 1962/63 noch einmal erweitert und um ein Parkhaus ergänzt. Verlief die Entwicklung des Mülheimer Kaufhofs lange Zeit stetig nach oben, so musste sich das Unternehmen ab den 1970er-Jahren verstärkt gegen die Konkurrenz auf der „grünen Wiese“, wie etwa das Rhein-Ruhr-Zentrum, behaupten. Diesen Konkurrenzkampf verlor der Kaufhof letztendlich, er schloss am 30. Mai 2010 für immer seine Türen.

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