Von: Jens Roepstorff
Kurt Gies wurde am 18. Mai 1921 in Holthausen als jüngster Sohn von Heinrich Gies, Verwalter der städtischen Sportanlagen am Kahlenberg, geboren. Während seine drei älteren Brüder schon früh als Tennislehrer ihren Lebensunterhalt verdienten, sollte der jüngste Sohn nach dem Willen der Eltern eigentlich eine andere Karriere einschlagen. Kurt orientierte sich jedoch am Vorbild seiner großen Brüder und erreichte es, dass sie ihm einen Tennisschläger umbauten, mit dem der Vierjährige spielen konnte. 1934 wurde er im Alter von 13 Jahren offizielles Mitglied im Kahlenberger Tennisverein. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits ein Spitzenspieler in seiner Altersklasse. 1936 gewann er die dreifache Stadtmeisterschaft im Einzel, Doppel sowie Mixed, ein Jahr darauf die westdeutsche Hallenmeisterschaft, 1938 die deutsche Jugendmeisterschaft. Diesen Titel verteidigte er 1939 erfolgreich.
Das Jahr 1940 brachte Kurt Gies den endgültigen Durchbruch zur deutschen und europäischen Spitzenklasse. Gemeinsam mit Ulla Rosenow gewann er bei den deutschen Meisterschaften den Mixed-Wettbewerb sowie den Einzeltitel bei den dänischen Hallenmeisterschaften in Kopenhagen. Dabei bezwang er in einem denkwürdigen Endspiel den Dänen Anker Jacobsen, der als „König der Halle“ dort insgesamt elf Mal zuvor gesiegt hatte.
Nach einem kurzen Aufenthalt bei ETuF Essen, wo Kurts Bruder Wilhelm als Tennislehrer tätig war, wechselte Gies 1939 nach Köln zu dem legendären Trainer und mehrfachen Weltmeister Hans („Hanne“) Nüsslein. Hatte sein Bruder Heinz als Mentor in den entscheidenden Jahren von 1929 bis 1937 die Grundlage für Kurts Erfolg gelegt, so boten sich unter Nüsslein nun ganz neue Perspektiven. Dieser schickte ihn 1940 zusammen mit dem deutschen Weltklassespieler Henner Henkel nach Japan, um dort mehrere Schaukämpfe zu bestreiten. Die Reise wurde zu einem großen Erfolg: Henkel/Gies kehrten im Doppel ungeschlagen und von der deutschen Öffentlichkeit überschwänglich gefeiert zurück.
Bei den Deutschen Meisterschaften 1941 in Braunschweig schaltete Gies zunächst seinen Freund und Teamkollegen Henner Henkel aus, um dann im Endspiel auf einen weiteren deutschen Weltklassespieler zu treffen: Graf Adam Bawarowski. Gies, gerade einmal 20 Jahre alt, schlug seinen Gegner in fünf Sätzen und sicherte sich damit den Titel des deutschen Meisters.
Auch als Spitzensportler blieb Gies von der Einberufung zur Wehrmacht nicht verschont. Der Einsatz an der Ostfront hinderte ihn 1942 daran, seinen Meistertitel zu verteidigen. 1943 erhielt er unerwartet Urlaub, um in Berlin an einem Mannschaftswettkampf gegen die Ungarn teilzunehmen: Er gewann sein Match, die Mannschaft insgesamt verlor. Von Berlin aus ging es weiter zu den Deutschen Meisterschaften nach Braunschweig. Dort siegte er im Endspiel gegen seinen Mannschaftskameraden Engelbert Koch. Dies war der letzte Höhepunkt in der Karriere des Tennis-Ausnahmetalents. Nur wenige Wochen später – am 23. November 1943 – fiel Gies im Alter von gerade einmal 22 Jahren als junger Leutnant an der Ostfront. Zu seinem Andenken wurden in Mülheim nach Kriegsende regelmäßig Kurt-Gies-Gedächtnisturniere veranstaltet. Seit 1957 trägt eine Straße in Heißen seinen Namen.