Tod des Alt-Oberbürgermeisters Paul Lembke

Der Mülheimer Oberbürgermeister Dr. Paul Lembke (1904-1928)

Von: Thomas Emons

Schon die große Zahl der Nachrufe, die zum Tod des Alt-Ober­bürgermeisters Paul Lembke am 19. September 1939 in der Lokalpresse veröffentlicht werden, spiegelt die Bedeutung dieses Kommunalpolitikers wider. Der amtierende Oberbürgermeister Edwin Hasenjäger würdigt seinen Vorgänger als „Gründer der Großstadt Mülheim“. Er bescheinigt dem Stadtoberhaupt der Jahre 1904 bis 1928 eine „vorbildliche Hingabe und nie ermüdende Arbeitsfreude“ und würdigt seine Amtszeit als eine Periode „von reichen Erfolgen“, in der „große Pläne und Entschlüsse reiften“. Zu Recht prognostiziert Hasenjäger: „Die unvergänglichen Verdienste werden als Ehrenblatt in die Geschichte Mülheims eingehen.“

Die Mülheimer wissen, was sie an ihrem alten Oberbürgermeister und Ehren-Mitbürger hatten, der knapp drei Wochen nach Beginn des Zweiten Weltkrieges im Alter von 79 Jahren verstarb. Bevor Lembke am 23. September 1939 mit einem Abschiedslied des Männergesangvereins Frohsinn auf dem Hauptfriedhof zu Grabe getragen wird, bahrt man seinen Sarg im Theatersaal der Stadthalle auf. Während dort die Honoratioren Lembke mit einer Trauerfeier ehren, versammelt sich vor der „guten Stube der Stadt“ eine riesige Menschenmenge, um dem toten Alt-OB die letzte Ehre zu erweisen.

Die Stadthalle, die ob ihrer Palazzo-Architektur Mülheim den Ruf eines „Ruhr-Venedigs“ eingebracht hat, ist nur ein repräsentatives Bauwerk, das in der fast 25-jährigen Ära Lembke entstanden ist. Mitte der 1920er Jahre hat Lembke sie als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mit billigem Inflationsgeld bauen lassen. Auch das Rathaus, in dem seine Nachfolger bis heute residieren und regieren, wurde unter seiner Regie in den Jahren 1913 bis 1916 erbaut.

Auch das Kaiser-Wilhelm-Institut, heute Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, das auf Lembkes Betreiben 1914 gegründet wurde, würdigt den Verstorbenen in einem Nachruf „als treuen Freund und eifrigen Förderer“. Er habe den Verein „unter oft schwierigen Verhältnissen zu der Höhe emporgehoben, die ihm sein heutiges An­sehen verdankt“, schreibt der Rennverein Raffelberg über Lembke, auf dessen Konto auch die Gründungen der Rennbahn und des Solbades Raffelberg (1909/10) gehen.

„Wie ein Märchen“, sagt OB Hasenjäger in der Trauerrede für seinen Vorgänger, erscheine ihm noch heute die von Lembke erfolgreich betriebenen Eingemeindungen, die Mülheim zur Großstadt werden ließen. Auch Nachrufe sind Zeugnisse des Zeitgeistes. Und so würdigt der NS-Reichskriegerbund den Verstorbenen als „aufrechten deutschen Mann und glühenden Patrioten“, der „immer mit ganzer Treue und besonders in den Schmachjahren unseres Vaterlandes an unserer Seite stand.“ Lembke, der Mülheim durch einen Weltkrieg und die schwierigen Nachkriegsjahre mit Ruhrkampf, Ruhrbesetzung und Inflation geführt hat, musste nicht mehr erleben, wie die von ihm mitgeprägte Stadt wenige Jahre nach seinem Tod im Bombenhagel des Weltkrieges unterging.

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