von: Jens Roepstorff
Gastkonzerte in der Mülheimer Stadthalle haben eine lange Tradition. Seit der feierlichen Einweihung des „Saalbaus an der Ruhr“ im Jahre 1926 haben aufgrund des Fehlens eines eigenen städtischen Orchesters zahlreiche auswärtige Orchester den Weg nach Mülheim gefunden, um hier das musikliebende Publikum mit klassischen Werken zu erfreuen. Bereits vor der Eröffnung der Stadthalle lag die künstlerische Leitung der städtischen Musikveranstaltungen bei dem Duisburger Generalmusikdirektor Paul Scheinpflug. Somit oblag es ihm und seinem Orchester, dem Sinfonieorchester der Stadt Duisburg, den Festakt zur Einweihung der Stadthalle am 5. Januar 1926 musikalisch zu begleiten. Die ersten Werke, die im neuen Saal erklungen, waren Wagners Ouvertüre der Meistersinger sowie Bruckners 5. Sinfonie.
Mit Scheinpflugs Wechsel nach Dresden Ende 1928 folgte eine dreijährige Vakanz in der künstlerischen Leitung, die erst 1931 mit Eugen Jochum, dem neuen Duisburger Generalmusikdirektor, gefüllt werden konnte. Ab 1933 wurde die Leitung der Mülheimer Veranstaltungen dann nicht mehr vom Orchesterleiter aus dem benachbarten Duisburg wahrgenommen, sondern vom Bochumer Generalmusikdirektor Hermann Meissner. Unter seiner Ägide gelang den Konzertplanern im Januar 1940 eine kleine Sensation. Im Anschluss an eine Auslandstournee durch Skandinavien gaben die Berliner Philharmoniker unter ihrem berühmten Chefdirigenten Wilhelm Furtwängler ein Sonderkonzert in Mülheim. Die Matineeveranstaltung am Sonntag, den 21. Januar 1940 – es erklangen ein Concerto grosso von Händel sowie jeweils eine Sinfonie von Beethoven und Brahms – wurde am darauffolgenden Tag von der Mülheimer Lokalpresse überschwänglich gefeiert:
„Die Begeisterungsstürme, die am Sonntagmittag in der Stadthalle Wilhelm Furtwängler und die Berliner Philharmoniker […] umtosten und den international gefeierten Dirigenten immer wieder hervorriefen, ließen dieses Gastspiel von einem festlichen Glanz umstrahlt sein […] Es waren zwei weihevolle Stunden, die die Berliner Künstler der aus Mülheim und den Nachbarstädten herbeigeströmten Musikgemeinde schenkten […] Kein Wunder, dass die Herzen überquollen voll Freude und Dank für den Tempel des Geistes, der ihnen hier errichtet wurde.“
Verständlicherweise ließ es sich die Mülheimer Stadtspitze nicht nehmen, den berühmten Gast im Anschluss an das Konzert um einen Eintrag ins Goldene Buch der Stadt zu bitten.
(aus: Mülheimer Zeitzeichen, Veröffentlichungen des Stadtarchivs Mülheim an der Ruhr, Band 1)