August Thyssen (1842-1926) gründet in Styrum sein erstes Walzwerk

August Thyssen, Quelle: Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr

Von: Thomas Emons

Beim Namen Thyssen denkt man an Stahl, Kohle und große Industriewerke. Und man staunt, wenn man das erste Verwaltungsgebäude und Materiallager sieht, das August Thyssen in Styrum errichten ließ. Dabei handelte es sich um einen umgebauten Schuppen des ehemaligen Heckhoff-Hofes. Angesichts der Entwicklung, die der Thyssen-Konzern später nahm, wirken seine Anfänge äußerst bescheiden.
Seine Keimzelle war die Kommanditgesellschaft Thyssen und Co, die der damals 28-jährige August Thyssen am 25. April 1871 zusammen mit seinem Vater Friedrich in Styrum gründete. Mit einem Startkapital von 70.000 Talern ging Thyssen ans Werk.
Eigentlich hatte er ein Grundstück auf dem Styrumer Marktplatz erwerben wollen, wo 1893 das Styrumer Rathaus errichtet werden sollte. Doch das Geschäft platzte und der Unternehmensgründer musste sich nach einer Alternative umschauen. Er fand sie bei
Gustav Becker, der ihm zunächst 20.000 Quadratmeter des Heckhoff-Landes verkaufte. Hier ließ Thyssen nicht nur besagten Schuppen umbauen, sondern auch eine 100 Meter lange Werkshalle errichten, die einen eigenen Eisenbahnanschluss hatte. Dort ließ er sich für sein Walzwerk fünf Puddelöfen, eine 160-PS-starke Dampfmaschine sowie eine Luppeneisen- und eine Bandeisenstraße installieren.
Das Werksgelände zwischen dem Bahnhof Styrum und dem späteren Hauptbahnhof (heute Bahnhof West) lag, logistisch gesehen, ideal im Kreuzungsbereich der Köln-Mindener und der Bergisch-Märkischen Eisenbahnstrecke. Die Eisenbahngleise, die Styrum ab 1862 in „hinter“ und „vor der Bahn“ geteilt hatten, waren für den jungen Industriellen ein Glücksfall und beförderten den raschen Aufschwung seines Werkes, in dem er 1871 zunächst nur 70, aber bereits im Jahr darauf 142 und drei Jahre später rund 300 Arbeiter beschäftigte.
Schon 1872 registrierte das Styrumer Walzwerk, das August nach dem Tod des Vaters seit 1877 mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Josef führte, einen Ausstoß von 2000 Tonnen Band- und Flacheisen und von weiteren 1000 Tonnen Luppeneisen.
Nicht zuletzt die Expansion des Thyssen-Werkes, in dem seit 1878 auch Röhren produziert wurden, sorgte dafür, dass sich die Einwohnerzahl der von 1878 bis 1903 eigenständigen Landbürgermeisterei Styrum binnen 18 Jahren auf rund 30.000 verdoppelte. Als Thyssen 1926 starb und der größte Teil seines Konzerns in den Vereinigten Stahlwerken aufging, wurde der Wert seines Unternehmens auf rund 400 Millionen Reichsmark geschätzt.

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