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Mülheims erster Straßenbahnfahrer: Wilhelm Schauenburg

Erste Fahrt einer Mülheimer Straßenbahn 1897, Quelle: Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr

von: Dirk von Eicken

Am 9. Juli 1897 war ganz Mülheim auf den Beinen. An diesem Tag fuhr die erste elektrische Straßenbahn – die Linie 1 – auf der Strecke vom Kahlenberg über den Rathausmarkt und Styrum bis zur Grenze nach Oberhausen. Wenn die Leute vorher Stunden gebraucht hatten, um aus einer Industriegegend in ein Erholungsgebiet zu kommen, waren sie nun in „wenigen Minuten“ am Ziel ihrer Wünsche. Dies alles wäre an diesem Tag ohne einen Mann nicht möglich gewesen: Wilhelm Schauenburg, geboren 1868 in Styrum, Mülheims erster Straßenbahnfahrer.

Als er am 1. Mai 1897 zusammen mit zwölf Kollegen die ersten fahrtechnischen Instruktionen erhielt, hatte er schon rund 15 Dienstjahre bei der Eisenbahn als Lademeister gearbeitet. Dieser Erfahrung war es wohl auch zuzuschreiben, dass er die neue Dienstmütze mit der Nr. 1 erhielt, die er dann auch stolz am 9. Juli bei der ersten Fahrt trug.

Schnell merkten die Fahrer, dass die bestaunten „Wunderwerke“, die aus Triebwagen und Anhänger bestanden, längst nicht technisch ausgereift waren. Bei den in den Fachkreisen sogenannten „Kummerwagen“ sprangen immer wieder die Rollen aus der Oberleitung. Die Sandbremse wurde betätigt, indem der Fahrer Sand aus einer Tüte mit der Hand in einen Trichter streute. Die Weichen mussten mit einer langen Stange vom Führerstand aus bedient werden. Unmenschliche Anforderungen stellte der Fahrdienst in den Wintermonaten an die Fahrer, da die Führerstände damals nicht verglast, sondern offen waren. Mit dicken Pelzen und gefütterten „Galoschen“ versuchten sich die Männer – so gut es ging – gegen Schnee und Frost zu schützen. Schon nach kurzer Fahrzeit wuchsen aus den damals üblichen Bärten ansehnliche Eiszapfen.

Wilhelm Schauenburg hatte Glück. Nach wenigen Monaten wurde er Kontrolleur und nach   eineinhalb Jahren Wagenrevisor. Nach weiteren siebzehn Jahren als Wagenmeister und einigen Jahren als Werkmeister wurde er 1924 pensioniert. Etliche Zeit vorher war er bei einem Betriebsunfall in der Wagenhalle ernstlich verletzt worden.

Sein Lebensabend verbrachte er – immer umsorgt von seiner Frau Mathilde, mit der er 1953 noch die Diamantene Hochzeit feiern konnte – in der Bülowstraße. Gerne spielte er Skat und trank in seiner Stammkneipe ein Bier mit dem damals obligatorischen Schnäpschen.

Zwei Jahre nach seiner Frau verstarb Wilhelm Schauenburg im Alter von fast 91 Jahren am 13. Januar 1959 in Mülheim. Bestattet wurde er auf dem Friedhof in Broich.

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