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Weihnachten 1931: Tod des Ruhrpastors Konrad Jakobs

Konrad Jakobs, Quelle: Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr

Von: Thomas Emons

Die Frage „Gibt es heute noch Heilige?“ mag man sich am Heiligen Abend stellen in Zeiten, wo alles seinen Preis zu haben scheint und nur wenige Menschen etwas für Gotteslohn tun können oder wollen. Selbst die Kirche denkt in der Krise darüber nach, was sie sich in Sachen Seelsorge, Caritas und Diakonie noch leisten kann, wenn die Gläubigen und damit auch die Kirchensteuereinnahmen weniger werden.
 
War früher also alles besser? Mitnichten. Weihnachten 1931 fällt für viele Mülheimer in Zeiten der Weltwirtschaftskrise und der Massenarbeitslosigkeit mehr als mager aus. Viele Bürger sind auf Hilfe angewiesen. In den Tagen der großen Not macht in Mülheim der Rat: „Geh doch zu Pastor Jakobs!“ die Runde. Der Stadtdechant und Pfarrer von St. Mariae Geburt, nach dem heute eine Straße auf dem Kirchenhügel benannt ist, gilt als Mann des Glaubens und der Tat. Um so größer ist die Trauer, als sich am 24. Dezember 1931 die Nachricht vom plötzlichen Herztod des 56-jährigen Pfarrers wie ein Lauffeuer verbreitet. Seit der aus Heinsberg stammende katholische Priester 1919 die Leitung der Mülheimer Stadtpfarrei übernommen hat, gilt er seinen Mitbürgern als Ruhrpastor.

Jakobs sieht die Not der Menschen und handelt. 1920 gehört er als Geschäftsführer zu den Gründern des Caritasverbandes. In den beiden folgenden Jahren richtet er eine Familienhilfe ein und schafft im alten Garnisonslazarett an der Dimbeck eine Zuflucht für „gefallene Mädchen“ und geschlechtskranke Jugendliche. Doch Jakobs‘ praktische Nächstenliebe kennt keine Altersgrenzen. So richtet er 1927 das Franziskushaus für Waisenkinder ein, das heute als Altenheim dient. Und im Jahr darauf beginnt er mit dem Bau der Marienkirche, der auch Arbeitslosen Beschäftigung gibt und in der Rekordzeit von zehn Monaten vollendet wird.

Als die Zeiten nach dem New Yorker Börsenkrach im Herbst 1929 noch härter werden, richtet Jakobs eine Suppenküche ein und lässt Häuser für kinderreiche Familien und im Rumbachtal ein Erholungsheim für Jugendliche errichten. Außerdem schickt er seine Kapläne zu Kartoffelpredigten aufs Land, um Lebensmittelspenden zu sammeln. Aber Jakobs greift auch in seinen eigenen Geldbeutel, um etwa einem arbeitslosen Familienvater unter die Arme zu greifen. Nach der Konfession fragt er nicht. Das Geld für seine sozialen Aktivitäten verdient Jakobs auch als Publizist, Prediger und Vortragsreisender.

Angesichts seiner Lebensleistung wird deutlich, warum auch die Kommunisten dem katholischen Priester das letzte Geleit gaben und die Mülheimer Zeitung in ihrer Weihnachtsausgabe 1931 schreibt: „Weil so viel geschehen ist in wirtschaftlich schwerer und dann noch schwerer gewordenen Zeit, deshalb wird man ihn doppelt und dreifach vermissen. Ein treuer Hirt feiert Weihnacht an der himmlischen Krippe.“

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